Betretungsverbot für ungeimpfte Mitarbeiterin einer Zahnarztpraxis
Ende Juni sprach das Gesundheitsamt gegenüber der ungeimpften Antragstellerin ein Betretungsverbot gemäß § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG für die Zahnarztpraxis aus und drohte ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro an. Dagegen erhob diese Widerspruch und reichte einen Eilantrag bei Gericht ein. Im Laufe des Eilverfahrens teilte sie mit, sich zwischenzeitlich – nachgewiesen durch PCR-Test – mit dem Coronavirus infiziert zu haben. Daraufhin konkretisierte der Landkreis das Betretungsverbot dahingehend, dass es bis zum Außerkrafttreten von § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG gelte, mit Ausnahme des Zeitraums ab dem 29. Tag bis zum 90. Tag nach der Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion durch einen Nukleinsäurennachweis. Die Antragstellerin vertritt die Ansicht, dass die Vorschrift des § 20a IfSG wegen veränderter tatsächlicher Bedingungen oder einer veränderten Erkenntnislage infolge ihrer Coronainfektion verfassungswidrig geworden ist.
BVerfG hat § 20a Abs. 5 Satz 3 für verfassungskonform erklärt
Dem schloss sich das VG nicht an und lehnte den Eilantrag ab. Erst im April 2022 habe das BVerfG § 20a IfSG für verfassungsgemäß erklärt. Das BVerwG habe sich im Juli 2022 nach einer umfangreichen Sachverständigenanhörung der Bewertung des BVerfG angeschlossen, dass der Impfung nach wie vor eine relevante Schutzwirkung zukomme. Für die Kammer sei daher nicht erkennbar, dass die Impfwirksamkeit inzwischen so sehr reduziert wäre, dass die Verwirklichung des mit § 20a IfSG verfolgten Zwecks des Schutzes vulnerabler Menschen nur noch in einem derart geringen Maße gefördert würde, dass im Rahmen der Abwägung den widerstreitenden Interessen der von der einrichtungs- und unternehmensbezogenen Nachweispflicht Betroffenen von Verfassungs wegen der Vorrang gebühren müsste.
Betretungsverbot rechtmäßig – Mangels Attests keine Ausnahme
Das konkretisierte Betretungsverbot sei rechtmäßig. Eine Erledigung der Verfügung sei nicht dadurch eingetreten, dass sich die Antragstellerin zwischenzeitlich mit dem Coronavirus infiziert habe. Sie habe deshalb einen Anspruch auf Ausstellung eines Genesenennachweises. Dieser bestätige den Immunschutz 28 Tage nach der Feststellung der Infektion mit SARS-CoV-2 und habe eine Gültigkeitsdauer von 90 Tagen. Das Betretungsverbot gelte daher nicht ab dem 29. Tag nach der Testung bis zum Ablauf der Gültigkeit des genannten Zertifikats. Die Ausnahme von der Nachweispflicht greife für die Antragstellerin nicht. Zwar habe sie sich auf mehrere medizinische Gründe berufen, die gegen eine Impfung sprächen. Allerdings habe sie kein ärztliches Attest über eine medizinische Kontraindikation vorgelegt, wie § 20a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 IfSG fordere.
Keine Anhaltspunkte für Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit
Die Ermessensentscheidung des Antragsgegners sei auch im Übrigen frei von Ermessensfehlern. Der Antragsgegner habe bei seiner Entscheidung im Rahmen der Bewertung der Gesamtsituation ohne Rechtsfehler die konkrete Tätigkeit der Antragstellerin in seine Überlegungen eingestellt und erwogen, ob mildere Mittel wie das Tragen von Schutzmasken in Betracht kämen. Dies habe er aber verneint. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das der Antragstellerin gegenüber verhängte Betretungsverbot zu einer Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit führe, seien nicht ersichtlich. Denn die Arbeitgeberin der Antragstellerin habe hiervon nicht berichtet.