VG Neustadt glaubt nicht an Hustensaft als Ursache für nachgewiesenen Codein-Konsum im Straßenverkehr

Sind im Blut des Kraftfahrzeugführers auch nur geringe Spuren von Codein und Morphium nachgewiesen, ist der sofortige Entzug der Fahrerlaubnis nicht zu beanstanden. Dies gilt auch, wenn die ermittelten Blutwerte möglicherweise auf die Einnahme eines codeinhaltigen Hustensafts zurückzuführen sind. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.08.2017 entschieden (Az.: 1 L 871/17.).

Sachverhalt

Der 1997 geborene Antragsteller geriet in eine Verkehrskontrolle und wurde verdächtigt, Betäubungsmittel konsumiert zu haben. Daraufhin wurde ihm eine Blutprobe entnommen. Laut Gutachten eines rechtsmedizinischen Instituts wurden in der Blutprobe Codein und Morphin nachgewiesen. Der Antragsteller behauptete, einen in Deutschland rezeptpflichtigen codeinhaltigen Hustensaft in Frankreich auf Empfehlung eines Arztes und ohne Rezept erworben zu haben, da er kurz vor der Verkehrskontrolle an einer starken Bronchitis mit Verdacht auf Lungenentzündung gelitten habe. Trotzdem entzog ihm der zuständige Landkreis unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis. Der Antragsteller legte Widerspruch ein und ersuchte um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz.

VG: Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Codein-Konsums nicht zu beanstanden

Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag abgelehnt. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei offensichtlich rechtmäßig. Der Antragsteller sei  ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, da er mit Codein eine “harte Droge“ ohne ärztliches Rezept eingenommen habe. Das Vorbringen des Antragstellers, er habe den in Frankreich ohne Rezept erworbenen Hustensaft auf Anraten eines Arztes eingenommen, sei unglaubwürdig. Bei einem codeinhaltigen Hustenhaft handele es sich um eine unter das Betäubungsmittelgesetz fallende Droge, die in der Bundesrepublik Deutschland verschreibungspflichtig und in Frankreich bis zum 12.07.2017 frei verkäuflich gewesen sei. Wegen des massenhaften Missbrauchs, insbesondere durch junge Menschen, sei die Rezeptpflicht auch in Frankreich eingeführt worden.

Gericht wertete Vorbringen des Antragstellers als Schutzbehauptung

Angesichts des bekannten Missbrauchs und im Hinblick auf den illegalen Konsum von nicht ärztlich verschriebenen Präparaten in Deutschland stelle sich das Vorbringen des Antragstellers zu seinem Konsum als Schutzbehauptung dar. Der Antragsteller habe weder Angaben dazu gemacht, wann die Bronchitis mit Verdacht auf Lungenentzündung aufgetreten sein solle noch habe er den Namen seines Bekannten angegeben, der die Erkrankung bestätigen könne. Auch habe er den Arzt nicht benannt, der ihm zur Einnahme von Codein geraten haben soll. Ferner habe auch die Polizei nicht von einem Husten des Antragstellers bei der Verkehrskontrolle berichtet, sondern von festgestellten drogentypischen körperlichen Beeinträchtigungen.

VG Neustadt a.d. Weinstraße, Beschluss vom 23.08.2017 - 1 L 871/17

Redaktion beck-aktuell, 19. September 2017.