Bundeswehrsoldat durfte nach Hissen deutscher Flagge auf Kreta entlassen werden

Ein Soldat, der auf Kreta eine deutsche Flagge gehisst hat, durfte fristlos entlassen werden. Dies hat das Verwaltungsgericht Gießen entschieden. Er habe das Ansehen der Bundeswehr schwer beschädigt. Das im Hissen der Flaggen liegende Demonstrieren von Herrschaftsansprüchen auf fremdem Staatsgebiet sei mit der Funktion der Bundeswehr unvereinbar.

Inhaftierung und Verurteilung durch griechische Behörden

Dem Kläger wird vorgeworfen, während eines Einsatzes auf Kreta in seiner dienstfreien Zeit auf einem dortigen Felsplateau die griechische Flagge gegen eine mitgeführte deutsche ausgetauscht zu haben. Der Kläger war aufgrund dieses Vorfalls inhaftiert und durch die griechischen Behörden verurteilt worden. Die Bundeswehr entließ den Kläger in der Folge aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit. Sie begründete die Entscheidung damit, der Kläger habe schwerwiegend und schuldhaft gegen seine Pflicht zum treuen Dienen und die Pflicht zum Wohlverhalten nach Maßgabe des Soldatengesetzes verstoßen.

Kläger hält Entlassung für unverhältnismäßig

Der Kläger sieht seine Entlassung als unverhältnismäßig an. Er bestreitet, dass er selbst aktiv geworden sei. Ihm gehöre die gehisste Flagge nicht. Im Übrigen sei es gängig, dass am Berggipfel für Touristen ein Fahnenmast stehe, um nach einem anstrengenden Aufstieg einen Erfolg zu feiern. Das Hissen von Flaggen sei kein strafbares Verhalten, solange es sich nicht um verbotene Symbole handele. Aufgrund seiner Unkenntnis über die historischen Ereignisse im Zusammenhang mit der Besetzung Kretas durch Deutschland während der NS-Zeit sei ihm die Dienstpflichtverletzung nicht vorwerfbar.

VG: Ansehen der Bundeswehr schwer beschädigt

Das VG folgte der Argumentation des Klägers nicht. Das Hissen der weithin, bis an den Strand sichtbaren deutschen Fahne auf fremdem Staatsgebiet sei eine schwere und vorwerfbare Verletzung der Pflicht des Klägers, auch außerhalb der Kaserne und außerhalb des Dienstes das Ansehen der Bundeswehr oder die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft zu beeinträchtigen. Das Verhalten des Klägers und seines Kameraden sei von den Anwohnern zu Recht als schwerer Affront aufgefasst worden und habe durch eine umfangreiche Medienberichterstattung das Ansehen der Bundeswehr schwer verletzt. Auf das Vorbringen des Klägers, nicht er, sondern sein Kamerad habe die Fahne gehisst und sie habe auch nicht ihm gehört, kam es nach Auffassung des VG nicht maßgeblich an. Denn die Ermittlungen der Bundeswehr hätten eindeutig ergeben, dass der Kläger zumindest gemeinsam mit seinem Kameraden gehandelt hatte.

Herrschaftsansprüche demonstriert

Das Verhalten des Klägers sei auch nicht damit zu entschuldigen, dass er sich, wie er im Verfahren geltend gemacht hat, nicht darüber bewusst gewesen sei, dass es in der Vergangenheit im Zweiten Weltkrieg bei der Besetzung Kretas durch deutsche Truppen zu hohen Verlusten in der griechischen Bevölkerung der Insel gekommen war. Ungeachtet geschichtlicher Vorkenntnisse sei das Signal, dass durch Hissen einer deutschen Fahne durch einen Bundeswehrsoldaten an einen Fahnenmast auf fremdem Staatsgebiet ausgeht, geeignet, Herrschaftsansprüche zu demonstrieren, was sich mit der Funktion der Bundeswehr nicht in Einklang bringen lasse.

Fähnchen auf Sandburg nicht vergleichbar

Es unterscheide sich insoweit auch deutlich vom Setzen eines Fähnchens nach der Erwanderung eines Berggipfels oder dem Bau einer Sandburg im Urlaub am Strand. Ein Fahnenmast auf fremden Staatsgebiet sei für einen Soldaten unter allen Umständen tabu für das eigenmächtige Aufziehen der deutschen Fahne.

Nur mit Kündigung militärische Ordnung zu sichern

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine fristlose Entlassung lagen damit nach Auffassung des VG vor, auch wenn sich der Kläger zuvor beanstandungsfrei verhalten habe. Denn sein Verbleiben im Dienst würde die militärische Ordnung und das Ansehen der Bundeswehr gefährden.

VG Gießen, Urteil vom 21.04.2021 - 5 K 696/20

Redaktion beck-aktuell, 22. April 2021.