VG Gelsenkirchen: Kein Abschiebungsverbot nach Tunesien im Fall Sami A.

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat die Klage des im Juli 2018 nach Tunesien abgeschobenen Sami A., der im Verdacht steht, Leibwächter von Osama bin Laden gewesen zu sein und der von deutschen Behörden als islamistischer Gefährder eingestuft wird, abgewiesen. Sami A. wollte sich gegen den vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erfolgten Widerruf des Abschiebungsverbots zur Wehr setzen. Das Gericht bestätigte damit die Einschätzung des BAMF, dass in Tunesien keine Gefahr der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung bestehe (Urteil vom 16.01.2019, Az.: 7 a K 3425/18.A).

BAMF hatte Abschiebungsverbot im Juni widerrufen

Für den aus Tunesien stammenden und im Juli 2018 in seine Heimat abgeschobenen Kläger Sami A. hatte das Bundesamt mit Bescheid vom 21.06.2010 ursprünglich festgestellt, dass der Kläger nicht nach Tunesien zurückgeführt werden dürfe, da ihm dort Folter und unmenschliche Behandlung drohe. Diesen Bescheid widerrief das Bundesamt im Juni 2018 mit der Begründung, die Verhältnisse im Heimatland des Klägers hätten sich seit Anfang des Jahres 2011 durch den sogenannten Arabischen Frühling geändert, so dass dem Kläger die früher festgestellten Gefahren nicht mehr drohten.

VG änderte im Eilverfahren seine Einschätzung zum Abschiebungsverbot

Das Verwaltungsgericht hatte zunächst im Eilverfahren vom 12.07.2018 der Klage von Sami A. gegen den Widerruf des Abschiebungsverbots stattgegeben (in BeckRS 2018, 15452), am 21.11.2018 seine Einschätzung hinsichtlich der Gefahr der Folter geändert und die Zulässigkeit des Widerrufs des Abschiebungsverbots durch das BAMF bestätigt (VG, BeckRS 2018, 34175). Mit seinem jetzigen Urteil bestätigte das Gericht seine Einschätzung vom Herbst 2018.

Verbalnote des tunesischen Konsulats entscheidend

Die BAMF-Entscheidung hält das Gericht nunmehr in seiner die erste Instanz abschließenden Entscheidung im Ergebnis für zutreffend, nachdem das Bundesamt im Lauf des gerichtlichen Verfahrens eine Verbalnote der tunesischen Botschaft in Berlin vom 29.10.2018 vorgelegt hatte. Nach dieser diplomatischen Zusicherung seien Folter und unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Tunesiers nicht mehr wahrscheinlich. Die Verbalnote sichere dem Kläger die tatsächliche Anwendung der in Tunesien für Gerichtsverfahren bzw. für Inhaftierungen geltenden Schutzbestimmungen zu, die das Verbot von Folter und die Beachtung der Menschenrechte beinhalten würden. Die Zusicherung sei verlässlich, weil sie im Anschluss an einen intensiven Austausch auf höchster politischer und diplomatischer Ebene ergangen sei, so das VG.

Mediales Interesse ein Schutzfaktor

Außerdem könne aufgrund des medialen Interesses, den der Fall des Klägers gefunden habe, und der politischen Brisanz des Verfahrens davon ausgegangen werden, dass die tunesischen Behörden die Zusicherung tatsächlich einhalten, so das Gericht weiter. Die Kammer ist laut eigenen Angaben nicht davon ausgegangen, dass der Kläger nach seiner Abschiebung in Tunesien gefoltert oder in sonstiger Weise menschenrechtswidrig behandelt worden ist.

VG Gelsenkirchen, Urteil vom 16.01.2019 - 7a K 3425/18.A

Redaktion beck-aktuell, 17. Januar 2019.