VG Berlin: Land Berlin muss Weihnachtszirkus vor Olympiastadion ermöglichen

Das Land Berlin kann den seit 24 Jahren auf einem Parkplatz vor dem Olympiastadion stattfindenden "Weihnachtszirkus" nicht unter Berufung auf den Tierschutz blockieren. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden und dabei auf die langjährige Verwaltungspraxis abgestellt. Von ihr dürfe auch aus Gründen des Tierschutzes nicht abgewichen werden, solange dem Zirkusbetreiber kein konkreter Verstoß gegen das Tierschutzgesetz anzulasten sei (Beschluss vom 14.11.2018, Az.: VG 1 L 337.18, anfechtbar).

Weihnachtszirkus findet bereits seit 24 Jahren statt

Der Antragsteller ist Inhaber eines Zirkusunternehmens mit Wildtieren. Seit 24 Jahren veranstaltet er in der Weihnachtszeit einen Zirkus auf einem zum Olympiapark Berlin gehörenden Parkplatz. Verstöße gegen die tierschutzrechtlichen Anforderungen wurden durch die zuständigen Behörden in der Vergangenheit nicht festgestellt. Die Fläche steht im Eigentum des Landes Berlin, welches diese an eine private GmbH verpachtet hat. Jede andere als eine Parkplatznutzung bedarf der Zustimmung des Landes.

Zirkus 2018 erstmals aus Tierschutzgründen nicht genehmigt

Das Land verweigerte diese im Oktober 2018 erstmals unter Berufung auf die im Koalitionsvertrag enthaltene Absicht, den Tierschutz zu stärken. Eine artgerechte Tierhaltung könne bei einer Wildtierhaltung im Zirkus aufgrund der typischerweise damit verbundenen Verhältnisse (enge Käfige, häufige Transporte et cetera) grundsätzlich nicht gewährleistet werden.

VG Berlin: Langjährige Vergabepraxis bindet Land

Das VG Berlin hat das Land im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, die Zustimmung zur Nutzung des Parkplatzes für den Zirkus zu erteilen. Der Anspruch folge aus der langjährigen Vergabepraxis in Verbindung mit der Berufsfreiheit und dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Grundsätzlich stehe dem Land zwar bei der Vergabe öffentlicher Flächen an Private ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Hier habe das Land die Fläche aber durch die in langjähriger Verwaltungspraxis erteilte Zustimmung zumindest konkludent auch für die Durchführung eines Weihnachtszirkus gewidmet und sich insoweit selbst gebunden.

Änderung der Verwaltungspraxis rechtswidrig

Die Änderung der Verwaltungspraxis sei rechtswidrig, weil die Begründung des Landes, wonach eine artgerechte Tierhaltung nicht sichergestellt sei, keinen konkreten Verstoß gegen das Tierschutzgesetz aufzeige. Verfüge der Antragsteller über eine Genehmigung zum gewerbsmäßigen Zurschaustellen wildlebender Tiere an wechselnden Orten, stelle sich das Vorgehen des Antragsgegners als ein unzulässiger Versuch dar, das von ihm rechtspolitisch als defizitär angesehene Bundesrecht zu umgehen.

Streitwert auf 240.000 Euro festgesetzt – Land trägt Kosten

Als Streitwert hat die Kammer den wirtschaftlichen Wert der Entscheidung für den Antragsteller zugrunde gelegt und einen Betrag von 240.000 Euro festgesetzt. An ihm messen sich die vom Land zu zahlenden Kosten des anwaltlich vertreten Antragstellers. Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

VG Berlin, Beschluss vom 14.11.2018 - 1 L 337.18

Redaktion beck-aktuell, 19. November 2018.