Verkehrsausschuss: Experten begrüßen Regierungsentwurf für schnellere Planungsverfahren im Verkehrsbereich

Die von der Bundesregierung angestrebte "Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich" ist im Rahmen einer Anhörung zum gleichnamigen Gesetzentwurf (BT-Drs.:19/4459) im Verkehrsausschuss am 15.10.2018 von den Sachverständigen dem Grunde nach begrüßt worden. Im Einzelnen gab es aber auch Kritik und Anregungen in Bezug auf die Einbettung in das vorhandene Planungsrecht.

Experten: Vorschläge der Bundesregierung bringen Zeitersparnis

Die Vorschläge der Bundesregierung könnten bei großen Neu- und Ausbauvorhaben auf der Schiene eine Zeitersparnis von etwa fünf Jahren bringen, sagte Dirk Rompf von der DB Netz AG. Durchschnittlich würden diese Vorhaben aktuell rund 20 Jahre dauern. Mit der Neuregelung könnten Planfeststellungsverfahren um etwa 3,5 Jahre verkürzt werden. Lob gab es auch von Heike van Hoorn vom Deutschen Verkehrsforum: Man sei sehr zufrieden damit, dass die Regierung mit dem Entwurf einen "sehr schnellen Vorstoß" mache und Änderungen anstoße, die sehr zügig umsetzbar seien. Die geplante Einführung eines Projektmanagers etwa könne zu einer "Straffung der Verfahren" führen und zusätzlich "externe Kompetenz" generieren. Van Hoorn stellte zudem fest, es könne sinnvoller sein, zentrale Elemente im Verwaltungsverfahrensgesetz einzuführen anstatt nur einzelne Fachgesetze zu ändern.

Rechtsanwalt fordert Parlamentsentscheidung über große und wichtige Infrastrukturprojekte

Rechtsanwalt Dieter Posch warb dafür, parlamentarische Entscheidungen im Verwaltungsverfahren bei besonders großen und wichtigen Infrastrukturprojekten einzuführen. Das Planfeststellungsrecht sei dafür nicht das geeignete Instrument, da es bei solchen Vorhaben auch immer gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen um gewünschte Lösungen gebe. Häufig müsse dafür über den Vorrang verschiedener Rechtsgüter entschieden werden. Dies sei mehr als eine "Abwägungsentscheidung im klassischen verfahrensrechtlichen Sinne".

Kritik an Verzahnung von Raumordnungsverfahren und Planfeststellungsverfahren

Der Jurist Holger Weiß betonte, es gehe bei dem Gesetzentwurf auch um das wichtige Anliegen, für mehr Akzeptanz der Bürger bei großen Vorhaben zu sorgen. Daher sehe er die angesprochene Verzahnung von Raumordnungsverfahren und Planfeststellungsverfahren kritisch: Das Raumordnungsverfahren garantiere in seinem zeitlichen Vorlauf, dass man sich noch nicht auf eine Variante festlege, daher würden seine Ergebnisse auch nur als eine "Art Gutachten" in das Planfeststellungsverfahren einfließen. Hier sei denkbar, über eine größere Verbindlichkeit des Raumordnungsverfahrens nachzudenken.

Verdi warnt vor "schleichendem Trend zur Privatisierung"

Nils Klammradt von der Dienstleistungsgewerkschaft verdi zeigte sich sehr skeptisch angesichts des angesprochenen Projektmanagers: Installiere man einen solchen, verlagere man wesentliche Aufgaben der Behörden an private Dritte und verstärke den "schleichenden Trend zur Privatisierung". Sinnvoller seien mehr Personal und mehr Kompetenzen in den Behörden. Rechtsanwalt Armin Frühauf warnte davor, Verfahren durch Veränderungen des materiellen Rechts und damit einhergehend durch eine Verminderung von Standards verkürzen zu wollen. Dies bedeute "massive Eingriffe" für die Betroffenen. Zudem sei die lange Dauer der Projekte wesentlich durch eine lange Vorbereitungs- und Planungsphase begründet - hier müsse man ansetzen.

BUND für klare Priorisierung von Straßenbau-Projekten

Werner Reh vom BUND mahnte an, es müsse eine klare Priorisierung von Projekten im Bereich Straßenbau geben. Verzettele man sich dort bei der Planung, führe das zu "dramatischen" Verzögerungen. Derzeit gebe es vor allem in der Verwaltung und an den Gerichten mangelnde personelle Kapazitäten. Seine Organisation vermisse zudem Maßnahmen zur Beschleunigung der schienengebundenen Verkehre. Dirk Brandenburger von der DEGES Deutsch Einheit Fernstraßenplanungs- und bau GmbH sagte, die Möglichkeit zur Anordnung vorläufiger Maßnahmen sei "essentiell". Er denke dabei vor allem an Dinge wie archäologische Grabungen oder Kampfmittelbeseitigung. Hier müssten Aufgaben in einem teils erheblichen zeitlichen Vorlauf erledigt werden.

Redaktion beck-aktuell, 16. Oktober 2018.