Rechtsanwältin in Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt

Der Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen hat der Verfas­sungsbeschwerde einer Rechtsanwältin aus Neuss gegen ein Urteil des Amtsge­richts Düsseldorf stattgegeben. Das Gericht hatte die von der Rechtsanwältin erhobene Schadenersatzklage gegen das Land Nordrhein-Westfalen abgewiesen, ohne ein Wort zu einer Kernargumentation der Rechtsanwältin zu verlieren. Darin sah der VerfGH eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.

Ersatz für anwaltliche Gebührenforde­rung verlangt

Die Rechtsanwältin hatte vor dem Amtsgericht Düsseldorf eine Schadenersatzklage gegen das Land Nordrhein-Westfalen erhoben. Aus abgetretenem Recht einer Man­dantin verlangte sie vom beklagten Land Ersatz für eine anwaltliche Gebührenforde­rung, die durch ihre außergerichtliche Tätigkeit im Rahmen einer Verkehrsunfall­sache entstanden war: Ein Polizeifahrzeug des Landes hatte den Pkw der Mandantin beschädigt, die daraufhin die Rechtsanwältin beauftragte, den Schaden gegenüber dem Land geltend zu machen.

Verweis auf aktuelle BGH-Rechtsprechung

Das AG wies die Klage ab, ohne ein Wort zu einer Kernargumentation der Rechtsanwältin zu verlieren, auf die sie sich auch im Wege einer Anhörungsrüge berufen hatte. Danach sei das Land aufgrund einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 2020, 144) zum Ersatz der im Zuge der Schadensabwicklung entstandenen Anwalts­kosten verpflichtet, weil der Verkehrsunfall zweier Kraftfahrzeuge jedenfalls hinsicht­lich der Schadenshöhe keinen einfach gelagerten Schadensfall darstelle, in dem der Geschädigte den Schaden ohne anwaltliche Hilfe selbst geltend machen könne.

VerfGH: Parteivorbringen nicht ausreichend berücksichtigt

Der VerfGH bejahte eine Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 4 Abs. 1 der Landesverfassung in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG. Ein Verstoß gegen die daraus folgende Pflicht, Parteivorbringen zu berücksich­tigen, sei festzustellen, wenn im Einzelfall besondere Umstände darauf hindeuteten, dass erhebliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kennt­nis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist – etwa wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Vortrags einer Partei zu einer zentralen Frage des Verfahrens in den Entscheidungsgründen nicht eingeht. Nach Aufhebung des Urteils muss das AG nun erneut über den Rechtsstreit ent­scheiden.

VerfGH NRW, Beschluss vom 14.09.2021 - 137/20

Redaktion beck-aktuell, 24. September 2021.