UN-Tribunal: Lebenslange Haft für Ex-Serbenführer Karadzic

1995 überrennen Serben die UN-Schutzzone Srebrenica und ermorden rund 8.000 muslimische Jungen und Männer. Wegen dieses Völkermordes ist jetzt der politisch Hauptverantwortliche, Ex-Serbenführer Radovan Karadzic (73), vom UN-Kriegsverbrechertribunal am 20.03.2019 in Den Haag zu lebenslanger Haft verurteilt worden. In erster Instanz war er noch zu 40 Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil ist endgültig.

Das schlimmste Massaker auf europäischem Boden nach dem Zweiten Weltkrieg

Die Verbrechen seien so "extrem schwerwiegend“, dass eine 40-jährige Haftstrafe "unangemessen und ungerecht“ sei, sagte der Vorsitzende Richter. Die Richter verurteilten den früheren Psychiater für Völkermord, Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Balkan-Krieges in den 1990er Jahren. Sie sahen seine Schuld an tausendfachem Mord als erwiesen an. Zudem sei er verantwortlich für Verfolgung und Zwangsvertreibung bosnischer Muslime und für die 44-monatige Belagerung der bosnischen Stadt Sarajevo. Und schließlich wurde Karadzic für den Völkermord von Srebrenica schuldig gesprochen - das schlimmste Massaker auf europäischem Boden nach dem Zweiten Weltkrieg.

13 Jahre Flucht endeten 2008 mit Festnahme

Im Sommer 1995 hatten serbische Einheiten unter General Ratko Mladic die damalige UN-Schutzzone überrannt. Die niederländischen Blauhelme hatten sich kampflos ergeben. Serben hatten anschließend rund 8.000 muslimische Männer und Jungen ermordet. Ex-General Mladic war 2017 in erster Instanz zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er legte Berufung ein. Karadzic war erst 2008 nach 13 Jahren auf der Flucht in Serbien als alternativer Heiler entdeckt und an das Gericht ausgeliefert worden.

Jubel und Unschuldsbeteuerung

Angehörige von Opfern zeigten sich sehr zufrieden nach der Urteilsverkündung. "Endlich Gerechtigkeit“, sagte Munira Subasic von der Organisation "Mütter von Srebrenica“. Eine lebenslange Haftstrafe sei die einzig gerechte Strafe für Karadzic. "Die Wahrheit und die Gerechtigkeit haben gesiegt.“ Karadzic hatte während des Prozesses immer wieder seine Unschuld beteuert. Die Vorwürfe seien "haltlos“, er sei kein Kriegstreiber, sondern im Gegenteil der "Friedenstifter des Balkans“ gewesen. Er hatte einen Freispruch gefordert.

Anklage mit weitergehender Forderung erfolglos

Auch die Anklage hatte nach dem Urteil der ersten Instanz Berufung eingelegt. Sie hatte eine lebenslange Strafe gefordert und wollte, dass auch die Verfolgung von Muslimen in bosnischen Kommunen als Völkermord eingestuft wird. Das aber lehnten die Richter ab. Das Berufungsverfahren war vom sogenannten Residual-Mechanismus für UN-Tribunale verhandelt worden, der Nachfolge-Organisation der Kriegsverbrechertribunale für Ex-Jugoslawien und Ruanda.

Redaktion beck-aktuell, 21. März 2019 (dpa).