Ukraine-Konflikt: Umstrittenes Donbass-Gesetz schürt Sorgen um Gewalt-Eskalation

Mit einem umstrittenen Gesetz zum Kriegsgebiet Donbass hat die Ukraine Sorgen um eine neuerliche Eskalation der Gewalt geschürt. Das Parlament in Kiew nahm am 06.10.2017 in erster Lesung einen Entwurf an, mit dem die Regierung die Grundlage für die Rückerlangung der Souveränität über den Donbass schaffen will. In einem zweiten Gesetz verlängerte die Oberste Rada den Sonderstatus für die von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete in der Ostukraine.

Russland als Aggressor und Besatzer betitelt

Seit 2014 bekämpfen sich Regierungstruppen und von Russland unterstützte Separatisten in den Gebieten Luhansk und Donezk. In dem Krieg sind nach UN-Angaben mehr als 10.000 Menschen getötet worden. Das erste Gesetz war von Präsident Petro Poroschenko vorgelegt worden. Darin wird Russland als Aggressor und Besatzer bezeichnet. "Mit diesem Gesetz bestätigt die Oberste Rada (...) die Entscheidung des Präsidenten über den Einsatz der Streitkräfte und anderer bewaffneter Gruppen (...) zur Eindämmung und zur Abwehr der bewaffneten russischen Aggression in den Gebieten Donezk und Luhansk", heißt es in dem Entwurf. Wann die zweite Lesung ansteht, war zunächst offen.

Moskau sieht Verstoß gegen Minsker Friedensplan

Die Führung in Moskau verurteilte das Gesetz als Verstoß gegen den Minsker Friedensplan. Es sei nicht hinnehmbar, dass darin diese Vereinbarungen nicht erwähnt würden und dass Russland als Aggressor dargestellt werde, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Linke-Politiker verlangt Tätigwerden Steinmeiers

Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke sah Deutschland und insbesondere Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in der Pflicht, den Friedensprozess zu schützen. "Er hat Minsk mitverhandelt, also muss er auch dafür sorgen, dass Minsk nicht kaputt gemacht wird", sagte der Linke-Politiker bei einer Pressekonferenz in Moskau.

Russland sieht sich in Rolle des Vermittlers

Russland sieht sich nicht als Konfliktpartei in dem Krieg, sondern als Vermittler. Präsident Wladimir Putin hatte im Februar 2015 zusammen mit Poroschenko, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem damaligen französischen Staatschef François Hollande den Minsker Plan ausgehandelt. Er sieht unter anderem eine Waffenruhe und den Abzug von schwerem Kriegsgerät vor. Auch politische Fragen sollen geklärt werden. Dabei soll auch der Sonderstatus helfen.

Bundesregierung: Vollständiger und dauerhafter Waffenstillstand anzustreben

Die Verlängerung des Sonderstatus-Gesetzes begrüßte Peskow. Russland wolle sich an seine Verpflichtungen aus Minsk halten, betonte er. Die Bundesregierung in Berlin lobte die Verlängerung. "Das war ein schwieriger, aber wichtiger Schritt, der zeigt, dass die Ukraine zu ihren internationalen Verpflichtungen und der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen steht", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Nun müsse ein vollständiger und dauerhafter Waffenstillstand folgen.

Sonderstatus für Ostukraine für Zeitraum von drei Jahren

Der Sonderstatus für die Ostukraine war im September 2014 für einen Zeitraum von drei Jahren verabschiedet worden. Es sollte eine schrittweise Autonomie ermöglichen. Vorgesehen waren auch Lokalwahlen. Die Umsetzung kommt aber seit 2016 nicht voran. Auch in der ukrainischen Opposition regte sich Widerstand. Vor allem die in der Westukraine verankerte Partei Samopomitsch (Selbsthilfe) des Lwiwer Bürgermeisters Andrej Sadowyj lehnt beide Gesetze ab. Eine Abgeordnete wurde wegen der Zustimmung zur Verlängerung des Sonderstatus aus der Fraktion ausgeschlossen.

Rechtsextreme Partei Swoboda sorgt für Unruhe

Während der Parlamentssitzung wurde vom Abgeordneten Juri Lewtschenko von der rechtsextremen Partei Swoboda (Freiheit) eine Rauchbombe gezündet. Er drohte, damit das Parlament in Brand zu stecken. Vor dem Gebäude protestierten Gegner des Minsker Abkommens. Mehrere Demonstranten wurden vorübergehend von der Polizei festgenommen.

Redaktion beck-aktuell, 9. Oktober 2017 (dpa).