Türkei: Mitarbeiter der Naumann-Stiftung wegen Erdogan-Beleidigung verurteilt

Ein deutscher Mitarbeiter der Friedrich-Naumann-Stiftung in Istanbul ist wegen Präsidentenbeleidigung zu rund einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Das Strafmaß von 11 Monaten und 20 Tagen sei auf fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt worden, sagte der Anwalt des Mannes Veysel Ok gegenüber Medienvertretern am 08.10.2019. Die Verhandlung am Istanbuler Caglayan-Gericht habe eine halbe Stunde gedauert. Der Prozess hatte im März begonnen.

Ausdruck "bascalan" als Wortspiel in Bezug auf Erdogan benutzt

Der Anklageschrift zufolge hat der Mitarbeiter vor den Präsidenten- und Parlamentswahlen im Juni 2018 in einem Tweet das Wort “Ober-Dieb“ (“bascalan") benutzt. Das Wort - ein Spiel mit dem Wort “basbakan“ (Ministerpräsident) - wird von der Regierung mit besonderem Missfallen betrachtet. Es ging durchs Internet, nachdem 2013 im Internet Audio-Aufnahmen aufgetaucht waren, die massive Korruption durch den damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan beweisen sollten. Der hat die Vorwürfe bestritten.

Zahl der Beleidigungsklagen stark gestiegen

Experten zufolge hat die Zahl der Beleidigungsklagen stark zugenommen, seitdem Erdogan Präsident ist. Auch Deutsche sind immer wieder betroffen. Der jüngste bekanntgewordene Fall ist die Anklage gegen den deutschen Grünen-Politiker Memet Kilic wegen Äußerungen in einem Onlinezeitungsartikel aus dem Jahr 2017. Kilic ist für Dezember zu einer Anhörung in Ankara geladen. Mitte September war die bereits wegen Terrorvorwürfen verurteilte Kölner Sängerin Hozan Cane (Künstlername) wegen Präsidentenbeleidigung zusätzlich zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt worden. Auf Präsidentenbeleidigung stehen bis zu vier Jahre und acht Monate Haft.

Redaktion beck-aktuell, 8. Oktober 2019 (dpa).