Türkei missachtet EGMR-Urteil: Oppositionspolitiker bleibt weiter in U-Haft

Der wegen Terrorvorwürfen inhaftierte türkische Oppositionspolitiker Selahattin Demirtas muss weiter in Untersuchungshaft bleiben. Das entschied ein Gericht in Ankara unter Missachtung eines gegenteiligen Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bereits am 13.12.2018, wie sein Anwalt Ramazan Demir bestätigte. Zu einer für den 14.12.2018 geplanten weiteren Verhandlung sei es nicht gekommen. Die nächsten Prozesstermine seien für Mitte Januar 2019 angesetzt worden, so Demir weiter.

EGMR hatte lange U-Haft moniert

Damit widersetzten sich die Richter einem jüngst gefällten Urteil des EGMR, demzufolge die lange U-Haft von Demirtas nicht gerechtfertigt ist. Das Gericht hatte angeordnet, dass Demirtas freigelassen werden müsse. Eigentlich muss sich die Türkei als Mitglied des Europarates an EGMR-Urteile halten - allerdings hatte Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan gesagt, er fühle sich an dieses nicht gebunden. Anwalt Demir sagte: "Das Gericht tut so, als gäbe es das EGMR-Urteil gar nicht.“

Verfahren unter EU-Beobachtung

Allerdings hatte in der gleichen Woche ein Berufungsgericht in einem anderen Verfahren wegen Terrorpropaganda eine mehrjährige Haftstrafe bestätigt. Damit muss Demirtas ohnehin im Gefängnis bleiben, auch wenn er im Hauptverfahren aus der U-Haft entlassen werden sollte. Das Verfahren gegen den Ex-Vorsitzenden der einflussreichen pro-kurdischen Partei HDP und scharfen Kritiker Erdogans wurde auch im Ausland aufmerksam verfolgt. Die EU-Delegation in der Türkei hatte Beobachter im Saal.

Redaktion beck-aktuell, 18. Dezember 2018 (dpa).