Tateinheit bei Widerstandsdelikten

Mit einem für die amtliche Sammlung vorgesehenen Beschluss hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs die Konkurrenzverhältnisse bei Angriffen auf Polizeibeamte geklärt. Schulmäßig werden die unterschiedlichen Formen von Konkurrenzen abgegrenzt. Tateinheit zwischen den Widerstandsdelikten und Körperverletzung ist danach möglich.

Tateinheitliches Geschehen

Polizeibeamte versuchten einen Streit zu schlichten. Der Angeklagte wurde weggezogen, da er nicht aufhören wollte, seinen Gegner zu treten. Daraufhin trat er nach den Beamten. Erst als er am Boden fixiert wurde, hörte seine starke Gegenwehr auf. Verletzt wurden die Streifenpolizisten nicht. Das Landgericht Leipzig hat das Geschehen als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte (§ 114 StGB) in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung (§ 223 StGB) angesehen.

BGH: Aggressives Verhalten als Handlungseinheit

Der BGH stimmte den Ausführungen des LG zu. Auch aus Sicht der Bundesrichter stellte sich das Geschehen als einheitliche Tat im Sinne von § 52 StGB dar. Gerade mit Blick auf den 2017 neu eingeführten § 114 StGB musste der Senat aber klären, ob eine der Normen Vorrang vor den anderen genießt. Aus der Gesetzesbegründung und systematischen Überlegungen leitete das Gericht die unterschiedlichen Schutzzwecke der drei Tatbestände her. Da jeder einen eigenständigen Schutzbereich bildete, durfte kein Straftatbestand hinter die anderen zurücktreten und es blieb bei der tateinheitlichen Verurteilung.

BGH, Beschluss vom 11.06.2020 - 5 StR 157/20

Redaktion beck-aktuell, 1. Juli 2020.