BRAK setzt sich für besser verständliche Sprache ein
Zudem sollten, so heißt es in der aktuellen BRAK-Stellungnahme weiter, die europarechtlichen Anforderungen an eine Belehrung in einfacher und leicht verständlicher Sprache in § 136 StPO endlich beachtet und angemessen umgesetzt werden (zumindest durch Streichung der Klausel zur Kostentragungspflicht). Schließlich bedürfe es zur rechtsstaatlichen Absicherung einer rechtzeitigen Bestellungspraxis der klarstellenden gesetzlichen Verankerung von Verwendungs- beziehungsweise Verwertungsverboten für den Fall von Zuwiderhandlungen.
Kritik an aktueller Rechtslage
Die BRAK verweist in ihrer Stellungnahme auf die Ausführungen im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP im Kapitel zur Justiz am Ende auf Seite 106. Darin heißt es: "Wir stellen die Verteidigung der Beschuldigten mit Beginn der ersten Vernehmung sicher." Hierfür bestehe in der Tat ein dringendes Bedürfnis, denn de lege lata sei eine Verteidigung des Beschuldigten ab Beginn der ersten Vernehmung nur dann gewährleistet, wenn der Beschuldigte einerseits so klug und andererseits finanziell in der Lage sei, sich vor seiner Vernehmung einen Verteidiger zu wählen.
Belehrung zur Kostentragungspflicht irreführend
Ohne Wahlverteidiger sei derzeit nicht einmal in den Fällen notwendiger Verteidigung gemäß § 140 StPO die Verteidigung der Beschuldigten in der ersten – in der Regel polizeilichen – Vernehmung gesichert, weil das geltende Recht gemäß § 141 Abs. 1 StPO die Bestellung eines Pflichtverteidigers regelmäßig von einem "ausdrücklichen Antrag" abhängig mache und im Zusammenhang damit eine (irreführende) Belehrung zur Kostentragungspflicht bei Verurteilung vorsehe (in § 136 Abs. 1 S. 5 StPO). Das – im Zuge der Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung im Jahr 2019 geschaffene – Antragserfordernis im Fall einer notwendigen Verteidigung sei ein Widerspruch in sich: entweder sei ein Verteidiger "notwendig" oder nicht. Mit der derzeit geltenden Regelung habe der Gesetzgeber im Jahre 2019 die große Chance einer rechtsstaatlichen Regelung über das "Ob, Wann, Wie" der Bestellung eines Pflichtverteidigers vertan, kritisiert die BRAK.
Reform dringlich geboten
Es sei dringend geboten, die Vorschriften über die Bestellung eines Pflichtverteidigers zu reformieren. Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung die eigenen rechtsstaatlichen Grundsätze verletzt und auf diese Weise auch das europarechtliche Regressionsverbot missachtet. Die in § 136 Abs. 1 S. 5 StPO vorgesehene Belehrung über die sogenannte Kostentragungspflicht gemäß § 465 StPO sei im Kontext eines Antrags auf Pflichtverteidigung irreführend und die gesamte Belehrungsvorschrift in § 136 Abs. 1 StPO dürfte nicht die europarechtlichen Anforderungen an eine "einfache und leicht verständliche" Belehrung erfüllen (vgl. Art. 3 und
BRAK fordert gesetzliche Klarstellung zu Verwendungs- und Verwertungsverbot
Schließlich bedarf es nach Ansicht der BRAK zwingend der gesetzlichen Klarstellung (vgl. § 136a Abs. 3 StPO), dass bei Verletzung der Belehrungsvorschriften einerseits und der Missachtung der Regeln zur Pflichtverteidigung andererseits ein strenges Verwendungs- beziehungsweise Verwertungsverbot bezüglich aller Aussagen besteht, die unter solchen Umständen getätigt werden. Wie dringlich der Reformbedarf sei, verdeutliche die aktuelle Auslegung der Vorschriften zur notwendigen Verteidigung durch den Dritten Strafsenat des BGH (NJW 2022, 2126).