Staatsanwalt relativierte Kindesmisshandlung mit Bibelzitat

In einem Prozess um Kindesmisshandlung vor dem Landgericht im niedersächsischen Oldenburg hat ein Staatsanwalt Strafmilderungsgründe unter anderem mit Zitaten aus der Bibel begründet. Wie die "Nordwest-Zeitung" berichtet hatte, hatte sich der Staatsanwalt auf den Bibelsatz "Wer sein Kind liebt, der züchtigt es" berufen. Ein Behördensprecher bedauerte danach in der Mitteilung "die überaus missverständliche, unangebrachte und nicht zeitgemäße Wortwahl."

Staatsanwaltschaft: Religiöse Erwägungen dürfen begangenes Unrecht nicht relativieren 

Zudem habe sich der Staatsanwalt darauf berufen, auch Papst Franziskus halte es für in Ordnung, wenn man seine Kinder würdevoll schlage, berichtet die Zeitung weiter. Die wörtliche Aussage des Staatsanwaltes in dem Berufungsverfahren lasse sich nicht nachvollziehen, sei inhaltlich aber zutreffend, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Mathias Hirschmann am 22.10.2020. "Religiöse Begründungen gehören nicht in ein Plädoyer. Es darf kein Zweifel an staatlicher Neutralität gegenüber den Religionen aufkommen und schon gar nicht dürfen religiöse Erwägungen sich gegen gesetzliche Vorgaben wenden und begangenes Unrecht relativieren", so Hirschmann weiter. Der Vorgang vom 21.10.2020 sei Gegenstand einer internen Aufarbeitung. Eine Dienstaufsichtsbeschwerde liege nicht vor.

Justizministerium forderte Bericht an

Dem niedersächsischen Justizministerium wurde der Vorfall nach eigenen Angaben am 22.10.2020 bekannt. Es sei von der Staatsanwaltschaft ein Bericht angefordert worden, um den Vorgang bewerten zu können, erklärte ein Ministeriumssprecher. "Dass Kinder ein gesetzliches verbrieftes Recht auf eine gewaltfreie Erziehung haben, steht natürlich außer Frage."

Redaktion beck-aktuell, 23. Oktober 2020 (dpa).