Spanien liefert den Schriftsteller Akhanli nicht an Türkei aus

Spanien wird den türkischstämmigen deutschen Schriftsteller Dogan Akhanli aus Köln nicht wie von Ankara verlangt an die Türkei ausliefern. Das entschied der Ministerrat in Madrid am 13.10.2017 nach knapp zweimonatiger Prüfung, wie das Justizministerium bestätigte. Die Türkei wollte Akhanli vor Gericht bringen und ließ ihn in Spanien festsetzen. Aus politischen Gründen, wie der Betroffene sagt. Akhanli kann damit nach einer förmlichen Bestätigung durch das zuständige Gericht nach Deutschland zurückkehren.

Festnahme im Spanienurlaub

"Ich habe für den 18.10.2017 schon einen Flug nach Köln gebucht", sagte Akhanli. "Ich freue mich sehr, obwohl mir Spanien auch sehr gut gefallen hat", fügte er hinzu. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) äußerte sich "sehr erleichtert" über die Entscheidung. Akhanli war am 19.08.2017 während eines Spanienurlaubs in Granada aufgrund eines türkischen Haftbefehls festgenommen worden. Einen Tag später war er unter Auflagen frei gelassen worden, durfte Spanien aber nicht verlassen, musste seinen deutschen Reisepass abgeben und sich einmal wöchentlich bei der Polizei in Madrid melden.

Vorwurf der Beteiligung an einem Raubmord

Die Türkei wirft Akhanli vor, 1989 an einem Raubmord in Istanbul beteiligt gewesen zu sein. Ein Freispruch wurde nach Angaben türkischer Medien 2013 aufgehoben und der Fall neu aufgerollt. Die Vorwürfe wertet der Betroffene als politisch motiviert. Akhanli sieht seine kritische Auseinandersetzung mit der Türkei als Ursache für seine von Ankara betriebene Festnahme. In der Türkei hätte ihm eine lebenslange Haft gedroht. "Man wird mich aber nicht zum Schweigen bringen", betonte der Schriftsteller mehrfach in Madrid.

Red-Notice-Eintrag ohne Hinweis auf politische Gründe

Seine Festnahme am 19.08.2017 in Granada war Folge einer sogenannten Red Notice bei der Internationalen Polizeibehörde Interpol im Auftrag der Türkei. Damit kann ein Staat die Festnahme eines Gesuchten mit dem Ziel der Auslieferung beantragen. Der Red-Notice-Eintrag war bei Interpol offenbar nicht mit dem Hinweis verbunden, dass es sich vermutlich um eine Verfolgung aus politischen Gründen handelte. Wohl deshalb hatte die spanische Justiz Akhanli zunächst festnehmen lassen.

Außenminister fordert Debatte in der EU über Missbrauch von Interpol

Die Bundesregierung hatte sich kritisch zu dem Vorgang geäußert. Gabriel forderte eine Debatte in der EU über möglichen Missbrauch der Polizei-Organisation Interpol durch die Türkei. Berlin hatte sich auch in Spanien für Akhanli eingesetzt. Gabriel und Justizminister Heiko Maas (SPD) wandten sich im September 2017 in einem Schreiben an die spanische Regierung gegen eine Auslieferung des Schriftstellers. Es gebe mehrere "erhebliche außenpolitische und rechtliche Bedenken", hieß es in dem Schreiben. "Aus hiesiger Sicht droht aufgrund des persönlichen Hintergrundes von Herrn Akhanli und der aktuellen innenpolitischen Entwicklung in der Türkei eine Strafverfolgung aus politischen Gründen", schrieben Gabriel und Maas. Artikel 3 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens verbiete aber eine solche Auslieferung wegen politischer Verfolgung.

Belastung der deutsch-türkischen Beziehungen

Der Fall Akhanli hatte die ohnehin schon schlechten deutsch-türkischen Beziehungen weiter belastet. Er liegt aber etwas anders als die Verhaftungen von Deutschen in der Türkei. Mesale Tolu, Deniz Yücel und Peter Steudtner sind die bekanntesten. Ihnen werden Terrorvorwürfe im Zusammenhang mit dem Putschversuch 2016 gemacht. Akhanli, der aus der Osttürkei stammt, aber nur noch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, wird von der türkischen Justiz dagegen mit einer Tat in Zusammenhang gebracht, die fast 30 Jahre zurückliegt.

Redaktion beck-aktuell, Jan-Uwe Ronneburger, 13. Oktober 2017 (dpa).