Skepsis gegenüber Einsatz künstlicher Intelligenz in Justiz

In der Diskussion um schnellere Verfahrensabwicklung in der Justiz steht Oberlandesgerichtspräsident Kai-Uwe Theede dem Einsatz von künstlicher Intelligenz skeptisch gegenüber. "Moderne Technik kann bei der Rechtsprechung zum Teil assistieren, sie kann jedoch nie die Entscheidung von Richtern ersetzen", sagte er anlässlich der am Montag beginnenden 74. Jahrestagung der 26 Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Oberlandesgerichte, des Bayerischen Obersten Landgerichts und des Bundesgerichtshofs.

Mündliche Verhandlung Kern der Rechtsprechung

Künstliche Intelligenz ist eines der Schwerpunktthemen der Tagung. Der Kern der Rechtsprechung seien die mündlichen Verhandlungen, erklärte Theede. "Gerade im Zivilrecht ist es der größte Erfolg, wenn sich die Parteien dort einigen können." Mit einem Computer sei dies kaum möglich. Er verwies auf das Grundgesetz, das festlegt, dass die rechtssprechende Gewalt Menschen anvertraut sein muss. Es gebe sicher juristische Sachverhalte, die nach schematischen Betrachtungen beurteilt werden. Dafür könnten Hilfssysteme entwickelt werden, die Richtern die Arbeit erleichtern. Als Fallbeispiel nannte er Trunkenheitsfahrten, nach denen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr und zusätzlich ein Führerscheinentzug verhängt werden.

Erprobung des KI-Einsatzes bei Fluggastrechten

Denkbar sei, dass ein Computer alle Daten von juristischen Sachverhalten zusammenfasse und auch bewerte. "Ein Richter setzt sich dann damit auseinander." Ein solches Vorgehen werde im Umgang mit Fluggastrechten erprobt, wo ein Computerprogramm die Entschädigung der Passagiere für Verspätungen automatisch nach "Schema F" ermitteln kann. Das Programm schlage mit Textbausteinen einen Urteilsentwurf vor, den der Richter nach eigener Prüfung übernehmen könne.

Redaktion beck-aktuell, Britta Weichlein, beck-aktuell-Redaktion, 23. Mai 2022 (dpa).