SG Berlin zu Hartz IV: Kein Teilhabe-Zuschuss für außerschulischen Sprach- und Religionsunterricht

Schüler, die im Leistungsbezug der Jobcenter stehen, haben keinen Anspruch auf Teilhabeleistungen für außerschulischen Sprach- und Religionsunterricht. Dies gilt für Unterricht gleich welcher Sprache und Religion. Derartige Angebote dienten nicht der vom Gesetz geförderten kulturellen Bildung, so das Sozialgericht Berlin in einem Urteil vom 12.12.2018. Auch der Umstand, dass Unterricht in Gruppen stattfinde, genüge nicht dem erklärten Ziel des Gesetzgebers, Kinder und Jugendliche in Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen zu integrieren (Az.: S 155 AS 7716/15, nicht rechtskräftig).

Jobcenter versagt Leistungen für Arabisch- und Islamunterricht

Die damals fünf, sechs, acht, zehn und elf Jahre alten Kläger aus Berlin-Kreuzberg nahmen zwischen 2014 und 2016 am Arabischunterricht für Muttersprachler und Islamunterricht der C gGmbH teil. Hierfür hatten sie neben einer einmaligen Anmeldegebühr von zehn Euro jeweils monatliche Gebühren zwischen zehn und 25 Euro zu entrichten. Beim beklagten Jobcenter Berlin Friedrichshain-Kreuzberg, von dem sie auch Sozialgeld bezogen, beantragten sie hierfür Leistungen zur Bildung und Teilhabe. Das Jobcenter lehnte die Anträge ab. Seiner Auffassung nach handelt es sich nicht um anerkennungsfähige Kosten. Die Vermittlung der arabischen Sprache und der islamischen Religion diene nicht der Integration in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen. Die staatliche Förderung von Religionsunterricht in dieser Form würde auch das Grundprinzip der Trennung von Staat und Religion unterwandern.

Leistungen klageweise eingefordert

Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Erstattung der von ihnen entrichteten Gebühren in Höhe des gesetzlich vorgesehenen Betrags von monatlich zehn Euro, insgesamt in Höhe von 890 Euro. Ihrer Meinung nach handelt es sich bei dem Unterricht um ein Angebot zur kulturellen Teilhabe. Sowohl die arabische Sprache als auch die islamische Religion seien Teil ihrer Kultur. Der Unterricht vermittle in altersgerechter Weise die Grundlagen der Sprache und erteile Religionsunterricht. Die Kurse fänden auch in Gruppen statt, sodass über die reine Vermittlung von Wissen hinaus auch soziale Teilhabe stattfinde.

SG: Gesetzlicher Leistungskatalog erfasst weder Sprach- noch Religionsunterricht

Das SG Berlin hat die Klage abgewiesen. Das Gesetz fördere zwar für Leistungsberechtigte unter 18 Jahren die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Zuschüsse würden aber nur für Beiträge und Gebühren in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit gewährt sowie für Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung. Der Arabischunterricht und Islamunterricht der C gGmbH sei von diesem abschließenden Leistungskatalog des Gesetzes jedoch nicht erfasst. Dies gelte ganz allgemein für Sprachunterricht – egal welcher Sprache – und Religionsunterricht – gleich welcher Religion oder Konfession.

SG Berlin: Nur kulturelle Bildung im Bereich der Künste umfasst

Bei den Tätigkeiten handele es sich weder um Unterricht in künstlerischen Fächern noch um vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und auch nicht um ein Angebot aus dem Bereich "Kultur". Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass die insoweit unterstützte kulturelle Bildung nur den Bereich der Künste umfassen solle. Der Gesetzgeber habe Museumsbesuche, Theaterworkshops oder die Stärkung von Medienkompetenz als förderungswürdig genannt. Er habe die Bedeutung der Kultur für die Förderung der kreativen Fähigkeiten, für die Sinnesentwicklung und die Prägung der Identität und Persönlichkeit betont. Sprach- und Religionsunterricht fänden in der Gesetzesbegründung hingegen keine Erwähnung.

Sprach- und Religionsunterricht auch nicht "gesellig"

Die Unterrichtung der Kläger in arabischer Sprache und islamischer Religion sei auch nicht dem Bereich "Geselligkeit" zuzuordnen. Das Erlebnis in der Gruppe und die damit verbundene soziale Interaktion stehe nicht im Mittelpunkt der Aktivität selbst, sondern diene vor allem der Wissensvermittlung und dem Einüben der Sprache. Die Gruppen würden auch für jeden Kurs neu zusammengestellt. Erklärtes Ziel des Gesetzgebers sei es jedoch, mithilfe der Teilhabeleistungen Kinder und Jugendliche in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen zu integrieren.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann von den Klägern mit der Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam angefochten werden.

SG Berlin, Urteil vom 21.12.2018 - S 155 AS 7716/15

Redaktion beck-aktuell, 21. Januar 2019.