Die Stadt Wetzlar hat mit ihrer Weigerung, ihre Stadthalle an die NPD zu vermieten, die Kritik des Deutschen Richterbundes (DRB) auf sich gezogen. Denn das Bundesverfassungsgericht hatte nach einem Streit durch alle Instanzen entschieden, dass die Halle an die NPD zu vermieten sei. Dadurch, dass sich die Stadt dem widersetzt habe, habe sie gegen die Grundlagen des deutschen Staatswesens verstoßen und eine gefährliche Entwicklung in Gang gesetzt, so DRB-Präsident Jens Gnisa am 16.04.2018 in Berlin.
"Wenn dieses Verhalten Schule macht, dann wird unserer Rechtsordnung eine tragende Säule entzogen: die Akzeptanz von Gerichtsentscheidungen", fährt Gnisa fort. Im rechtsstaatlichen System gelte die Herrschaft des Rechts. Über die Auslegung des Rechts hätten letztverbindlich die Gerichte zu entscheiden. "Wer diese Leitplanken des Zusammenspiels von Judikative und Exekutive durchbricht – möge die Absicht dahinter noch so verständlich sein –, der ersetzt das Recht durch Willkür. Dieses Handeln ist keine Zivilcourage, sondern eine bewusste Schädigung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie."
Die Stadt Wetzlar sei als vollziehende Gewalt an Recht und Gesetz gebunden, unterstreicht der DRB. Im demokratischen Rechtsstaat obliege die verbindliche Auslegung von Recht und Gesetz den unabhängigen Gerichten. Sowohl die Gesetzesbindung der Verwaltung wie auch die Gewaltenteilung seien tragende Grundprinzipien der rechtsstaatlichen Grundordnung, die auf keinen Fall – und seien die Zwecke politisch auch noch so verständlich – missachtet werden dürften, um das Vertrauen in das Funktionieren des Rechtsstaates nicht zu beschädigen.
BVerfG, Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung zur Durchführung einer Wahlkampveranstaltung, BeckRS 2018, 3858
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