Richtervereinigung besorgt über Situation der polnischen Justiz

Der Deutsche Richterbund ist "fassungslos" angesichts der Lage der Justiz in Polen. Mit einer ganzen Flut von Gesetzen werde dort Hand an die Unabhängigkeit der Gerichte gelegt, sagte der Vorsitzende Jens Gnisa am 24.05.2018 in Berlin bei einem Treffen der Europäischen Richtervereinigung.

Europäisches Frühwarnsystem gefordert

Die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hat die Justiz seit 2015 mit etlichen Gesetzen umgebaut. Die EU-Kommission leitete ein Sanktionsverfahren nach Artikel 7 EU-Vertrag ein, das mit einem Entzug des Stimmrechts enden könnte. Im EU-Vertrag müsse klarer definiert werden, wann eine Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit gegeben sei, so die Richtervereinigung. Auch ein europäisches Frühwarnsystem mit regelmäßigen Überprüfungen sei nötig.

Jüngste Gesetzesänderungen nicht ausreichend

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, sprach von einer "schweren Rechtsstaatskrise" in Polen. "In Folge der Justizreform in Polen steht die Justiz des Landes unter der politischen Kontrolle der regierenden Mehrheit", sagte Timmermans. Jüngste Gesetzesänderungen seien zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber nicht ausreichend.

Barley kritisiert Reaktion auf Mehrheitsbeschluss zur Umverteilung

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) übte indirekt Kritik an mehreren Ländern, die einen Mehrheitsbeschluss der EU-Staaten zur Umverteilung von bis zu 120.000 Flüchtlingen in Europa nicht umsetzen wollen – obwohl dieser inzwischen vom EuGH bestätigt wurde. "Teilweise wird auch versucht, die Autorität des EuGH zu untergraben", sagte Barley dazu. Sie nannte keine Namen, bezog sich aber offensichtlich auf Tschechien, Polen, und Ungarn, die sich weigern, Schutzsuchende im Rahmen des Programms aufzunehmen.

Redaktion beck-aktuell, 25. Mai 2018 (dpa).