Post haftet für verspätete Zustellung

Stellt die Post ein ersichtlich fristgebundenes Schreiben trotz vereinbarter Lieferfrist zu spät zu, kann sie für den aus der verspäteten Zustellung entstehenden Schaden ersatzpflichtig sein. Dies ergibt sich aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 16.04.2020. Im zugrunde liegenden Fall belief sich der Schaden, der durch die verspätete Zustellung entstanden war, auf 18.000 Euro, die die Post nun zahlen muss.

Fristgebundene Ansprüche gegen ehemalige Arbeitgeberin

Die in Bayern wohnhafte Klägerin verfasste am 29.09.2017 ein Schreiben an ihre ehemalige Arbeitgeberin, eine Klinik in Baden-Württemberg. Darin machte sie für Urlaub, den sie wegen Schwangerschaft und Elternzeit nicht hatte nehmen können, Abgeltungsansprüche in Höhe von über 20.000 Euro geltend. Aufgrund einer Klausel im Arbeitsvertrag musste sie diese Ansprüche bis spätestens 30.09.2017 geltend machen.

Expresszustellung mit Zusatz Samstagszustellung gewählt

Das an die ehemalige Arbeitgeberin adressierte Schreiben enthielt nicht den Zusatz, dass es sich bei der Adressatin um eine GmbH handelt. Die Klägerin gab es am Freitag, den 29.09.2017 zur Zustellung auf und wählte die Versandmethode "Expresszustellung mit dem Zusatzservice Samstagszustellung". Nach einem erfolglosen Zustellversuch am 30.09.2017 wurde es letztlich erst am 04.10.2017 zugestellt. Die ehemalige Arbeitgeberin der Klägerin berief sich deshalb auf eine verspätete Geltendmachung der Ansprüche der Klägerin und zahlte nicht. 

Post erstattete nur Porto

Den ihr dadurch entstandenen Schaden machte die Klägerin nun gegen die Beklagte, die Deutsche Post AG, geltend. Diese verteidigte sich damit, der Zustellfahrer sei sich wegen des fehlenden Adresszusatzes "GmbH" und weil die Briefkästen bei der Empfängerin nicht beschriftet waren, unsicher gewesen, ob er die Sendung so zustellen könne und habe deshalb zunächst von einer Zustellung abgesehen. Die Beklagte erstattete nur das Porto in Höhe von 23,80 Euro.

Gerichte bejahen Schadenersatzanspruch

Das Landgericht Bonn hat der Klägerin mit Urteil vom 22.11.2019 Schadenersatz in Höhe von knapp 18.000 Euro zugesprochen. Nachdem das OLG Köln auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung hingewiesen hatte, hat die Beklagte diese zurückgenommen.

Bedeutsamkeit der Einhaltung der Lieferfrist war offenkundig

Laut OLG ergibt sich der Schadenersatzanspruch der Klägerin aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Frachtvertrag (gemäß §§ 425, 428 HGB). Danach hafte der Frachtführer für den Schaden, der durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht. Bei der Sendung habe es sich offenkundig um eine solche gehandelt, bei der die Einhaltung der Lieferfrist für die Absenderin von besonderer Bedeutung und Wichtigkeit war. Dies ergebe sich aus der vereinbarten Zusatzleistung "Samstagszustellung" und dem erheblichen Porto von 23,80 Euro.

Zweifel des Zustellers waren unbegründet

An der Anschrift der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin war nur diese als Empfängerin vorhanden. Das Klingelschild sei genauso bezeichnet gewesen, wie auf dem Brief der Klägerin vermerkt. Daneben hätten zwei unbeschriftete Briefkästen gehangen. Nirgends an dem Gebäude sei ein Schriftzug mit der vollen Firma – also inklusive GmbH-Zusatz – angebracht gewesen. Es habe aufgrund all dieser Umstände aus Sicht des Zustellers überhaupt keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass eine Adressungenauigkeit vorlag. Dieser hätte jedenfalls die Pflicht gehabt, an der rund um die Uhr besetzten Pforte nachzufragen.

OLG Köln, Beschluss vom 16.04.2020 - 3 U 225/19

Redaktion beck-aktuell, 28. Mai 2020.