OVG Münster: Keine Entschädigung für muslimische Lehrerinnen wegen "Kopftuchverbots"

Zwei Lehrerinnen, die aufgrund ihrer religiösen Überzeugung ein Kopftuch tragen, müssen vom Land Nordrhein-Westfalen nicht wegen Benachteiligung bei der Stellenbesetzung aufgrund des "Kopftuchverbots" entschädigt werden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Münster durch Urteile vom 07.10.2019 entschieden. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen (Az.: 6 A 2170/16, 6 A 2628/16).

Klägerinnen: Keine Übernahme ins Beamtenverhältnis wegen "Kopftuchverbots"

Die Lehrerinnen muslimischen Glaubens hatten vom beklagten Land die Zahlung einer Entschädigung nach dem im Jahr 2006 in Kraft getretenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verlangt, weil sie wegen des – vom Bundesverfassungsgericht im Januar 2015 für verfassungswidrig erklärten – pauschalen "Kopftuchverbots" im nordrhein-westfälischen Schulgesetz nicht ins Beamtenverhältnis übernommen worden seien. Dies sei eine unzulässige Benachteiligung aufgrund ihrer Religion.

Nicht als Berufsschullehrerin eingestellt

Die Klägerin des Verfahrens 6 A 2170/16 ist wohnhaft in Köln und macht geltend, sie sei nach Beendigung ihres Referendariats 2007 und auch später wegen dieses "Kopftuchverbots" nicht als Berufsschullehrerin eingestellt worden. Die in Marburg lebende Klägerin des Verfahrens 6 A 2628/16 ist 2004 (nur) im Angestelltenverhältnis eingestellt worden und hatte auch mit ihrem 2005 gestellten Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis keinen Erfolg. Die Verbeamtung erfolgte erst im September 2015. Das VG Köln hatte ihre Entschädigungsklagen abgewiesen.

Anspruch aus AGG setzt zwingend Bewerbung voraus

Auch die Berufungen der Klägerinnen blieben erfolglos. Zur Urteilsbegründung führte die Vorsitzende des Sechsten Senats aus, dass der Entschädigungsanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zwingend eine Bewerbung voraussetze. Dass das pauschale "Kopftuchverbot" im früheren nordrhein-westfälischen Schulgesetz eine unzulässige Diskriminierung darstelle, reiche nicht aus.

Keine Indizien für Nichteinstellung wegen Kopftuchs

Im Verfahren 6 A 2170/16 habe die Klägerin sich zwar teilweise erfolglos beworben. Es sei aber nicht anzunehmen, dass das beklagte Land die Klägerin wegen des Kopftuchs nicht in den Schuldienst und ins Beamtenverhältnis übernommen habe. Dafür fehlten jegliche Indizien. Es sei schon nicht festzustellen, dass das beklagte Land als Dienstherr überhaupt davon gewusst habe, dass sie aus religiösen Gründen ein Kopftuch getragen habe. Bei manchen Stellenbesetzungsverfahren stehe sogar fest, dass die Klägerin nicht wegen ihrer religiösen Bekleidung, sondern aus anderen Gründen, etwa wegen der Examensnote oder aufgrund der Ergebnisse von Auswahlgesprächen, nicht zum Zuge gekommen sei.

Benachteiligungshandlung vor Inkrafttreten des Gesetzes

Im Verfahren 6 A 2628/16 könne die Klägerin keine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz beanspruchen, weil sich die Benachteiligungshandlung vor dessen Inkrafttreten ereignet habe. Ein daneben grundsätzlich in Betracht kommender unionsrechtlicher Haftungsanspruch scheide mangels eines Schadens ebenfalls aus. Ein finanzieller Nachteil sei nicht Gegenstand des Verfahrens, ein darüber hinausgehender Schaden sei nicht erkennbar.

OVG Münster, Urteil vom 07.10.2019 - 6 A 2170/16

Redaktion beck-aktuell, 7. Oktober 2019.