Polizei veröffentliche Fotos der Versammlungsteilnehmer in sozialen Medien
Bei einer friedlichen Demonstration "gegen Rechts" in Essen-Steele im Mai 2018 machte die Polizei Fotos von der Versammlung und verbreitete diese anschließend in sozialen Netzwerken. Auf den veröffentlichten Fotos sind die beiden Kläger als Teilnehmer der Versammlung zu sehen. Mit ihrer Klage begehrten sie die Feststellung, dass das Vorgehen der Polizei rechtswidrig war. Das Verwaltungsgericht gab ihnen Recht. Es verneinte die Notwendigkeit der Aufnahmen für eine zulässige Polizei-Öffentlichkeitsarbeit. Mit Blick auf die Gefahr, dass Demonstrierwillige sich durch das Verhalten der Polizei von der Ausübung ihres Demonstrationsrechts abhalten ließen, sei das Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23.10.2018 - 14 K 3543/18, BeckRS 2018, 27618). Das Land legte Berufung ein.
OVG bestätigt unzulässigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit
Das OVG hat nunmehr auch die Berufung zurückgewiesen. Das Anfertigen der Fotos, um diese im Rahmen der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit auf Twitter und Facebook zu publizieren, habe in das Versammlungsgrundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG eingegriffen. Polizeiliche Foto- und Videoaufnahmen von Versammlungen seien grundsätzlich geeignet, einschüchternd, abschreckend oder in sonstiger Weise verhaltenslenkend auf die Teilnehmer einer Versammlung zu wirken. Das gelte auch für Aufnahmen, die erklärtermaßen für die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Verwendung finden sollen.
Vorliegend keine Ermächtigungsgrundlage für Film- und Tonaufnahmen
Eine zur Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage bestehe nicht. Das Versammlungsgesetz erlaube der Polizei Film- und Tonaufnahmen nur zum Zweck der Gefahrenabwehr. Darüber hinaus könne das beklagte Land sich auch nicht erfolgreich auf das Kunsturhebergesetz oder auf die allgemeine Befugnis zu staatlichem Informationshandeln berufen. Eine effektive und zeitgemäße polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit werde dadurch nicht unmöglich gemacht. Die Polizei könne über ein Versammlungsgeschehen auch ohne die in Rede stehenden Bilder informieren, ohne gänzlich auf eine Bebilderung zu verzichten. So könnte sie etwa ausschließlich ihre eigenen Einsatzkräfte und -mittel abbilden oder auf Archivfotomaterial zurückgreifen, auf dem der Versammlungsort zu sehen sei.