Anwohner klagten gegen Gebetsruf
Die Kläger wohnen in einer Entfernung von knapp 900 Metern zur Moschee. Sie wenden sich gegen die der muslimischen Gemeinde durch die Stadt Oer-Erkenschwick erteilte Ausnahmegenehmigung, freitags zwischen 12.00 Uhr und 14.00 Uhr für maximal 15 Minuten den islamischen Gebetsruf über einen Lautsprecher mit reglementierter Lautstärke durchzuführen. Das Verwaltungsgericht hat die Genehmigung aufgehoben, weil die Stadt ihr Ermessen unzureichend ausgeübt habe. Die Stadt legte Berufung ein.
OVG: Muezzinruf keine rechtlich erhebliche Belästigung
Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung stattgegeben. Die Kläger seien durch die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung nicht in eigenen Rechten verletzt. Der Muezzinruf stelle im vorliegenden Einzelfall keine rechtlich erhebliche Belästigung nach dem Landes-Immissionsschutzgesetz dar. Die für allgemeine und sogar reine Wohngebiete nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) maßgeblichen Lärmrichtwerte würden am Wohnhaus der Kläger sicher eingehalten.
Kläger müssen Gesang in arabischer Sprache hinnehmen
Der Ruf stelle bei objektiver Würdigung auch keine unzumutbare Belästigung für die Kläger dar, weil es sich um einen Gesang in arabischer Sprache mit spezieller Melodie und religiösem Inhalt handele. Dieser sei den Klägern bei einer Gesamtwürdigung der Einzelfallumstände unter Berücksichtigung der Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheides - Begrenzung von Lautstärke und Zeitdauer des Lautsprecherbetriebs - zuzumuten.
“Negative Religionsfreiheit“ der Kläger nicht verletzt
Die von den Klägern angeführte negative Religionsfreiheit vermittle kein Recht darauf, von anderen Glaubensbekundungen verschont zu bleiben, sondern bewahre den Einzelnen davor, gegen seinen Willen an religiösen Übungen teilnehmen zu müssen. Damit sei das bloße Hören einer religiösen Aussage einmal pro Woche in so geringer Lautstärke wie am Haus der Kläger nicht vergleichbar. Mangels erheblicher Belästigung der Kläger komme es nicht darauf an, ob die Ermessensentscheidung der beklagten Stadt den Anforderungen gerecht geworden sei, die an eine solche Entscheidung zu stellen seien.