OVG Münster: Bei Konkurrenz sich beeinträchtigender Windenergieanlagen entscheidet das Prioritätsprinzip

Bei Konkurrenz sich beeinträchtigender Windenergieanlagen genießt diejenige Anlage Vorrang, für die der Betreiber als erstes seine Unterlagen in einem prüfungsfähigen Zustand vorlegt. Dies hat das nordrheinwestfälische Oberverwaltungsgericht in Münster mit zwei Urteilen vom 18.09.2018 entschieden und damit den nachrangigen Antragsteller verpflichtet, bei bestimmten Windrichtungen seine Anlage zeitweise abzuschalten (Az.: 8 A 1884/16; 8 A 1886/16).

Betreiber konkurrierender Anlagen streiten um zeitweise Abschaltpflicht

Die beiden rund 180 m hohen Windenergieanlagen liegen nur cirka 207 m auseinander. Eine der beiden Anlagen muss bei bestimmten Windrichtungen abgeschaltet werden, weil sonst durch Turbulenzen die Standsicherheit beeinträchtigt wird. Die beiden Betreiber streiten mit der Behörde darum, welche Anlage zeitweise abzuschalten ist.

OVG: Entscheidend ist der Zeitpunkt der Vorlage eines prüffähigen Antrags

Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr die vorinstanzlichen Urteile bestätigt, die der Windenergieanlage der Kläger den Vorrang zuerkannten. Die Reihenfolge konkurrierender Anträge beurteile sich grundsätzlich nach dem Prioritätsprinzip. Maßgeblich hierfür sei nicht der Zeitpunkt der Antragstellung, der Entscheidungsreife, der Genehmigungserteilung oder der Errichtung der Anlage; entscheidend sei vielmehr der Zeitpunkt der Einreichung eines prüffähigen Antrages. Hierdurch werde gewährleistet, dass es in der Hand des Vorhabenträgers liege, ob beziehungsweise zu welchem Zeitpunkt er den Aufwand für die Erstellung der erforderlichen Unterlagen (insbesondere Einholung entsprechender Gutachten) betreibe. Zugleich sei gewährleistet, dass weder eine bloße Antragstellung ohne ausreichende Unterlagen (“pro forma“) genüge noch der Vorrang von behördlichen Handlungen oder der Mitwirkung anderer Betroffener abhängig sei.

Späterer Antragsteller muss Anlage zeitweise abschalten

Dies gelte auch für das Konkurrenzverhältnis zwischen einem immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid- und einem Genehmigungsantrag. Ein Vorbescheid, mit dem vorab das Vorliegen bestimmter Genehmigungsvoraussetzungen festgestellt wird, stelle zwar nur einen Ausschnitt aus der späteren Genehmigung dar. Hierauf sei die Prüfung beim immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid allerdings nicht beschränkt, weil anhand der vollständigen Unterlagen feststehen müsse, dass die gesamte Anlage am vorgesehenen Standort mit hinreichender Wahrscheinlichkeit genehmigt werden könne. Dies reiche für eine Rangsicherung aus. Hiervon ausgehend sei der Genehmigungsantrag der Beigeladenen nachrangig, weil sie im Hinblick auf den Artenschutz – hier des Schutzes von Rotmilan und Fledermäusen – erst später als die Kläger prüffähige Unterlagen vorgelegt hätte. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen.

OVG Münster, Urteil vom 18.09.2018 - 8 A 1884/16

Redaktion beck-aktuell, 18. September 2018.