OVG Lüneburg: Vorläufige Dienstenthebung einer Lehrerin wegen Reise zum "Dschungelcamp" rechtmäßig

Weil sie während der Unterrichtszeit mit ihrer Tochter nach Australien geflogen war, ist eine niedersächsiche auf Lebenszeit verbeamtete Gymnasiallehrerin vorläufig des Dienstes enthoben worden, zudem wurden Teile ihrer Dienstbezüge einbehalten. Die Antragstellerin wird also bis zum Abschluss des sie betreffenden Disziplinarverfahrens keinen Dienst mehr tun dürfen (Beschluss vom 09.02.2018, Az.: 3 ZD 10/17, unanfechtbar).

Sachverhalt

Die Antragstellerin, eine Studienrätin, begleitete im Januar 2016 ihre Tochter nach Australien. Die Tochter der Antragstellerin nahm dort im Januar 2016 an der Fernsehshow "Ich bin ein Star - Holt mich hier 'raus!" (auch bekannt als "Dschungelcamp") des Fernsehsenders RTL teil. Die Landesschulbehörde hatte zuvor einen Antrag der Antragstellerin, ihr für die Zeit vom 11.01.2016 bis 27.01.2016 Sonderurlaub zu gewähren, um ihre Tochter nach Australien begleiten zu können, abgelehnt. Die Antragstellerin hatte nach den damaligen Weihnachtsferien am 07.01.2016 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 07. bis zum 29.01.2016 eingereicht.

Landesschulbehörde geht gegen Lehrerin vor

Nachdem der Landesschulbehörde eine im Fernsehen ausgestrahlte Videobotschaft der Antragstellerin gemeinsam mit ihrer Tochter aus Australien bekannt geworden war, leitete sie ein Disziplinarverfahren gegen die Antragstellerin ein. Mit Verfügungen vom 10.01.2017 enthob sie die Antragstellerin vorläufig des Dienstes und ordnete die Einbehaltung der Hälfte ihrer Dienstbezüge an. Die Landesschulbehörde begründete dies mit wahrheitswidrigen Angaben der Antragstellerin über ihren Gesundheitszustand, einem trotz Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unentschuldigten Fernbleiben sowie der Öffentlichkeitswirksamkeit der Reise nach Australien, welche das Vertrauen in ihre Zuverlässigkeit und Integrität erschüttere. Gegen diese Verfügungen hatte die Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg einen Eilantrag eingereicht. Während dieses Verfahrens hat das Amtsgericht Soltau sie wegen des Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Antragstellerin hat gegen dieses Strafurteil Berufung eingelegt, über die das Landgericht Lüneburg noch nicht entschieden hat.

VG beurteilt Entfernung aus dem Dienst als überwiegend unwahrscheinlich

Das Verwaltungsgericht Lüneburg hatte dem Eilantrag der Antragstellerin gegen die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung eines Teils ihrer Dienstbezüge am 07.12.2017 (Az.: 10 B 2/17) stattgegeben, weil es zwar ein schweres Dienstvergehen sah, doch keine drohende disziplinarische Höchstmaßnahme. Die Zurückstufung sei als Disziplinarmaßnahme ebenso wahrscheinlich wie die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

OVG sieht überwiegende Wahrscheinlichkeit für Entlassung

Das OVG dagegen ist der Auffassung, dass nach derzeitigem Sachstand in dem gegen die Antragstellerin geführten Disziplinarklageverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit deren Entlassung aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochen wird. Die planvolle und berechnende Vorgehensweise der Antragstellerin zur Erwirkung des unrichtigen Gesundheitszeugnisses und die fehlende Einsicht in ihr Fehlverhalten ließen derzeit nicht darauf schließen, dass die Antragstellerin in Zukunft die Gewähr dafür biete, ihren Dienstpflichten als Beamtin trotz etwaiger entgegenstehender privater Belange nachzukommen. Dies mache sie nach derzeitiger Würdigung vor dem Hintergrund der von ihr als Lehrkraft wahrzunehmenden Vorbildfunktion für die Wahrnehmung des schulischen Erziehungsauftrags untragbar.

Zeitungsinterview trotz entgegenstehender Auflagen

Bei der Gesamtabwägung habe das OVG zu Ungunsten der Antragstellerin erschwerend unter anderem den Umstand berücksichtigt, dass sie während des laufenden Beschwerdeverfahrens trotz entgegenstehender Vorgaben der Landesschulbehörde einer bundesweit erscheinenden Zeitung ein Interview gegeben hat. Der rund viermonatige Einsatz der Antragstellerin an einer anderen Schule als ihrer Stammschule nach deren Rückkehr aus Australien sei kein Gesichtspunkt, aus dem auf den Fortbestand eines Restvertrauens des Dienstherrn in sie geschlossen werden könnte.

Redaktion beck-aktuell, 9. Februar 2018.