Vorerst keine Schulöffnung in Niedersachsen

Die Schulen bleiben in Niedersachsen vorerst weiter geschlossen. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat einen Antrag eines Siebtklässlers auf eine vorläufige Außervollzugsetzung der entsprechenden niedersächsischen Corona-Regelung abgelehnt. Die vorübergehende Schließung der Schulen sei zum Zwecke des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt.

Siebtklässler begehrte Eilrechtsschutz gegen Schulschließung

Nach der aktuellen Niedersächsischen Corona-Verordnung ist der Schulbesuch bis Ende Januar 2021 untersagt. Ausnahmen hiervon sind für Prüfungen, Abschlussjahrgänge und ab dem 18.01.2021 für Grund- und Förderschüler vorgesehen. Gegen die Schulschließung wandte sich ein zwölfjähriger Schüler, der die siebte Klasse eines Gymnasiums besucht. Er beantragte, ein abgestuftes Modell der Schulöffnung je nach aktuellem Inzidenzwert einzuführen. Er hält die Schulschließung für unverhältnismäßig, da sie negative schulische und psychische Folgen habe, die in keinem Verhältnis zu dem hierdurch erreichten Zweck stünden.

OVG: Kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Präsenzunterricht

Das OVG hat den Antrag abgelehnt. Der Antrag, ein alternatives Modell der Schulöffnungen gerichtlich durchzusetzen, sei unzulässig. Im Rahmen einer Normenkontrolle könne nur die Außervollzugsetzung der bestehenden Regelung, nicht aber die Umsetzung einer alternativen Regelung begehrt werden. Auch eine Außervollzugsetzung komme nicht in Betracht. Die Schulschließung sei bei summarischer Prüfung rechtmäßig. Dabei hält das Gericht zunächst fest, dass es wohl keinen verfassungsrechtlich verankerten Anspruch auf Präsenzunterricht oder auf die bestmögliche Unterrichtsart gebe. Zwar bleibe die Qualität des Fernunterrichts in vielen Schulen hinter der von Präsenzunterricht zurück, dies dürfte jedoch der konkreten Umsetzung geschuldet sein, nicht der Unterrichtsart an sich.

Gravierender Eingriff in Recht auf ungehinderte Persönlichkeitsentwicklung

Schulschließungen blieben damit ein Eingriff in das Recht auf möglichst ungehinderte Entwicklung der Persönlichkeit, der Anlagen und individuellen Befähigungen im Bereich der Schule aus Art. 2 Abs. 1 GG und stellten in der jetzigen Situation durchaus eine der gravierendsten Maßnahmen dar, mit denen die betroffenen Schüler konfrontiert würden. Durch die Schulschließung verlören Kinder und Jugendliche eine der letzten Möglichkeiten, einen unmittelbaren Kontakt zu ihren Altersgenossen herzustellen. Dabei dürfte nicht die Untersagung des Schulbesuchs an sich für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen gravierende Auswirkungen haben, sondern der Umstand, dass aktuell außerhalb der Schule keine oder kaum Gelegenheit bestehe, persönlichkeitsprägende unmittelbare Erfahrungen mit anderen Menschen und Menschengruppen zu machen und so zu einem integrierten Mitglied der Gesellschaft heranzureifen.

Eingriff wird aber abgemildert

Das Land Niedersachsen versuche aber auf verschiedene Art, diesen Eingriff abzumildern. So seien bereits in der Vergangenheit Schulen privilegiert worden und es stehe zu erwarten, dass ein besonderes Augenmerk auf die Wiederöffnung des Schulbesuchs gelegt werde. Des Weiteren finde Fernunterricht und eine Kommunikation innerhalb des Klassenverbandes tatsächlich statt. Das Land biete damit Plattformen an, damit auch der Antragsteller seine bisherigen schulischen Kontakte weiter pflegen könne. Mehr noch als andere Bevölkerungsgruppen dürften Schüler an weiterführenden Schulen in der Lage sein, digitale Dienste zu nutzen und auf diese Weise Kontakte zu Mitschülern aufrechtzuerhalten.

Verbleibender Eingriff durch Gesundheitsschutz gerechtfertigt

Der gleichwohl verbleibende Eingriff wiege zwar schwer, sei angesichts der mit der vorübergehenden Schulschließung verfolgten legitimen Ziele, die Bevölkerung vor einer weiteren Ausbreitung von Covid-19 und das Gesundheitssystem vor einer Überlastung zu schützen, aber nicht unangemessen und daher hinzunehmen.

Redaktion beck-aktuell, 19. Januar 2021.