Derzeit keine Rücküberstellung in Griechenland anerkannter Flüchtlinge

In Griechenland anerkannte Schutzberechtigte dürfen derzeit grundsätzlich nicht nach Griechenland zurückgeführt werden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen in Lüneburg mit Urteilen vom 19.04.2021 entschieden. Denn für die Flüchtlinge bestehe in Griechenland  die ernsthafte Gefahr, ihre elementarsten Bedürfnisse ("Bett, Brot, Seife") nicht befriedigen zu können.

BAMF drohte Abschiebung nach Griechenland an

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte die Asylanträge der Klägerinnen – zwei aus Syrien stammende, alleinstehende Schwestern – als unzulässig abgelehnt, weil sie durch die Republik Griechenland bereits als Flüchtlinge anerkannt worden waren, und ihnen die Abschiebung nach Griechenland angedroht. Die gegen diesen Bescheid gerichteten Klagen hatte das Verwaltungsgericht Osnabrück jeweils abgewiesen (Az.: 5 A 363/18 und 5 A 363/18). Den Klägerinnen drohe bei einer Rücküberstellung nach Griechenland keine Obdachlosigkeit. Zumindest mithilfe von Hilfsorganisationen oder informellen Netzwerken könne es den Klägerinnen gelingen, eine Unterkunft zu finden und die Versorgung mit den nötigsten Dingen des täglichen Bedarfs sicherzustellen.

OVG erwartet Leben unter menschenrechtswidrigen Bedingungen

Die dagegen gerichteten Berufungen der Klägerinnen hatten Erfolg. Das OVG geht davon aus, dass sie nach einer Rücküberstellung nach Griechenland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Obdachlosigkeit geraten, in der Praxis keinen Zugang zu elementaren Leistungen erhalten und auch sonst auf keine ausreichende Unterstützung von staatlicher oder nichtstaatlicher Seite hoffen könnten. Deshalb drohe ihnen innerhalb kürzester Zeit Verelendung und ein Leben unter menschenrechtswidrigen Bedingungen.

Keine Hilfe vom griechischen Staat

Aktuelle Erkenntnismittel ergäben, dass rücküberstellten Flüchtlingen staatlicherseits keine Unterkunft gestellt werde, sie keine wohnungsbezogenen Sozialleistungen erhielten und sie auch bei nichtstaatlichen Stellen keine nennenswerte Chance auf Vermittlung von Wohnraum hätten. Die Möglichkeit, sich durch eigene Erwerbstätigkeit die finanziellen Mittel zu verschaffen, um sich mit den für ein Überleben notwendigen Gütern zu versorgen, sei mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund bürokratischer und tatsächlicher Hindernisse ebenfalls nicht gegeben. Auch hinreichende Sozialleistungen stünden ihnen nicht zur Verfügung.

Beschwerde gegen Nichtzulassung der Revision möglich

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen die Urteile nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

OVG Lüneburg, Urteil vom 19.04.2021 - 10 LB 244/20

Redaktion beck-aktuell, 19. April 2021.