OVG Lüneburg: Abschiebung anerkannter Flüchtlinge nach Bulgarien derzeit unzulässig

Asylbewerber, die bereits in Bulgarien als Flüchtlinge anerkannt worden sind, dürfen derzeit nicht dorthin rücküberstellt werden. Das hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg entschieden. Denn sie würden sich nach einer Rücküberstellung nach Bulgarien in einer Mangel- und Notsituation ohne die Aussicht auf effektive Hilfe befinden, so das Gericht. Die Revision wurde nicht zugelassen (Urteil vom 29.01.2018, Az.: 10 LB 82/17).

BAMF lehnt Asylantrag ab und droht mit Abschiebung nach Bulgarien

Ein Syrer war im Jahr 2014 nach seiner Flucht aus seinem Heimatland in Bulgarien als Flüchtling anerkannt worden. Anschließend reiste er nach Deutschland weiter und stellte dort erneut einen Asylantrag. Diesen begründete er damit, dass die Behandlung der Asylsuchenden in Bulgarien menschenrechtswidrig sei. Wegen der Anerkennung als Flüchtling in Bulgarien hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Asylantrag als unzulässig abgelehnt und dem Kläger ferner die Abschiebung nach Bulgarien angedroht.

OVG gibt Klage in Bezug auf Abschiebungsandrohung statt

Das Verwaltungsgericht Hannover hatte die dagegen gerichtete Klage mit Urteil vom 25.11.2015 (Az.: 2 A 1441/15) abgewiesen. Das OVG Lüneburg ließ die Berufung zu, soweit der Kläger sich gegen die Abschiebungsandrohung gewandt hatte. Mit seinem aktuellen Urteil ist das OVG nach einer Beweiserhebung und der Auswertung weiterer aktueller Erkenntnismittel zur Überzeugung gelangt, dass anerkannte Flüchtlinge sich nach einer Rücküberstellung nach Bulgarien dort in einer Mangel- und Notsituation ohne die Aussicht auf effektive Hilfe befinden.

OVG: Flüchtlingen droht in Bulgarien Obdachlosigkeit und extreme Armut

Die Flüchtlinge hätten derzeit in Bulgarien keine realistische Chance, eine Unterkunft zu erhalten, so das Gericht. Der Nachweis einer Unterkunft sei aber zugleich Voraussetzung für die Erlangung einer Arbeitsstelle sowie für die Gewährung von Sozialleistungen. Anerkannte Flüchtlinge seien deshalb in Bulgarien von Obdachlosigkeit und extremer Armut bedroht. Eine Abschiebung verstoße daher nach den gegenwärtigen Verhältnissen in Bulgarien gegen Art. 3 EMRK. Das OVG hat in drei Parallelverfahren (Az.: 10 LB 84/17, 10 LB 85/17 und 10 LB 86/17) die Abschiebung nach Bulgarien ebenfalls als unzulässig angesehen.

OVG Lüneburg, Urteil vom 29.01.2018 - 10 LB 82/17

Redaktion beck-aktuell, 30. Januar 2018.