Nachbarklage gegen Swingerclub in Koblenz bleibt erfolglos

Die Nachbarn des Swingerclubs "Big Bamboo" und der angrenzenden Gaststätte "The Saloon Koblenz" haben keinen Anspruch auf ein gaststätten- beziehungsweise immissionsschutzrechtliches Einschreiten der Stadt Koblenz gegen deren Betrieb. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz mit zwei am Mittwoch bekannt gewordenen Urteilen. Ein Verstoß gegen nachbarschützende Normen ist nach Ansicht des Gerichts nicht feststellbar.

Gaststättenrechtliche Erlaubnis blieb zunächst unverändert

Die Kläger, die ein Wohngebäude außerhalb der Ortslage des Koblenzer Stadtteils Stolzenfels bewohnen, sind Nachbarn der von den Beigeladenen geführten Betriebe "Big Bamboo" und "The Saloon Koblenz", die sich in einem aus zwei Häusern bestehenden Gebäudekomplex befinden. Für den Betrieb des "Big Bamboo" erteilte die Stadt Koblenz 2002 eine gaststättenrechtliche Erlaubnis als "Schank- und Speisewirtschaft ohne besondere Betriebseigentümlichkeit". Nach Erteilung einer entsprechenden Baugenehmigung für die Nutzungsänderung wird das "Big Bamboo" spätestens seit Mai 2006 in erster Linie als "Swingerclub" betrieben. Die gaststättenrechtliche Erlaubnis blieb jedoch zunächst unverändert. 2014 erteilte die Stadt Koblenz dem "The Saloon Koblenz" eine Gaststättenerlaubnis für den Betrieb einer "Schankwirtschaft mit Musikdarbietungen". Beide gaststättenrechtlichen Erlaubnisse wurden mit der Auflage versehen, dass der vom Betrieb ausgehende Lärmpegel nicht zu einer Überschreitung des Immissionsrichtwertes von tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) führen dürfe und zwar gemessen 0,5 Meter vor dem vom Lärm am stärksten betroffenen Fenster des nächstgelegenen Wohnhauses.

VG gab Klagen noch statt

Insbesondere seit dem Jahr 2015 beschwerten sich die Kläger wiederholt erfolglos bei der Stadt Koblenz über Lärm und sonstige Belästigungen. Vor dem Verwaltungsgericht hatten sie dagegen zunächst Erfolg. Es verpflichtete die beklagte Stadt, geeignete gaststättenrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Kläger vor Immissionen zu ergreifen. Der tatsächliche Betrieb des "Big Bamboo" und des "The Saloon Koblenz" sei von den bestehenden gaststättenrechtlichen Erlaubnissen nicht gedeckt. Nach Erlass der Urteile erteilte die Beklagte der Beigeladenen mit Bescheid vom 22.01.2021 eine Änderungserlaubnis zum Betrieb einer "Schank- und Speisewirtschaft im Rahmen eines Swinger-Clubs".

OVG: Formelle Illegalität reicht nicht

Das OVG hob nun allerdings die erstinstanzlichen Urteile auf und wies die Klagen ab. Der tatsächliche Betrieb der beiden Gaststätten sei von der derzeit bestehenden gaststättenrechtlichen Erlaubnislage zwar nicht gedeckt, in Ermangelung eines Verstoßes gegen nachbarschützende Normen könnten die Kläger jedoch keinen Anspruch auf behördliches Tätigwerden herleiten. Für die als Swingerclub betriebene Gaststätte "Big Bamboo" sei lediglich der Betrieb einer "Schank- und Speisewirtschaft ohne besondere Betriebseigentümlichkeit" gemäß der Erlaubnis aus dem Jahr 2002 formell legitimiert. Aus der 2021 geänderten Konzession seien noch keine günstigen Folgen abzuleiten. Die tatsächliche Betriebsart des "The Saloon Koblenz" dürfte insgesamt dem Betriebstyp einer Diskothek näherkommen. Allein auf die formelle Illegalität des Gaststättenbetriebs könne ein Anspruch der Kläger auf gaststätten- oder immissionsbehördliches Einschreiten jedoch nicht gestützt werden. Vielmehr bedürfe es eines Verstoßes gegen materielle nachbarschützende Normen, um hieraus einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein Einschreiten ableiten zu können.

Kein Verstoß gegen nachbarschützende Normen

Ein solcher Verstoß sei hier nicht feststellbar. Die Einschätzung des VG, wonach die in der Gaststättenerlaubnis festgelegten Lärmgrenzen "gleich mehrfach" überschritten worden sein sollen, finde in den zugrundeliegenden umfangreichen Verwaltungsvorgängen in tatsächlicher Hinsicht keinen hinreichenden Niederschlag. Die Werte, die das VG zur Untermauerung der Lärmbeeinträchtigung herangezogen habe, seien allesamt nicht unmittelbar am maßgeblichen Immissionsort und zudem bereits vor mehreren Jahren gemessen worden. Des Weiteren ergebe sich aus den seitdem von den Ordnungsbehörden vielfach durchgeführten Kontrollen und den übrigen objektivierbaren tatsächlichen Umständen, dass der feststellbare Lärm regelmäßig nicht ausreichend gewesen sei, um eine Lärmmessung zu veranlassen. Aus der Vielzahl der genannten Kontrollen folge zudem, dass der Vorwurf, die Beklagte sei untätig geblieben, sachlich nicht gerechtfertigt sei.

OVG Koblenz, Urteil vom 23.11.2021 - 6 A 10687/21.OVG

Redaktion beck-aktuell, 2. Dezember 2021.