OLG Stuttgart: Chefkameramann von "Das Boot" hat Anspruch auf Nachvergütung

Der Chefkameramann von "Das Boot" hat Anspruch auf rund 315.000 Euro nebst Umsatzsteuer als weitere angemessene Beteiligung für die Nutzung der Filmproduktion in den Gemeinschaftsprogrammen und "dritten Programmen" der acht beklagten ARD-Sender. Dies hat das Oberlandesgericht Stuttgart mit Urteil vom 26.09.2018 entschieden. Zwischen der vereinbarten Vergütung und den erzielten Vorteilen der Sender bestehe ein auffälliges Missverhältnis. Das OLG hat die Revision zugelassen (Az.: 4 U 2/18).

Chefkameramann von "Das Boot" verlangt Nachvergütung 

Der Kläger war als Chefkameramann an der Filmproduktion eines der bislang erfolgreichsten deutschen Kinofilme aller Zeiten in den Jahren 1980/1981 beteiligt. Nach den Feststellungen des Senats hatte er seinerzeit 204.000 DM (= 104.303,64 Euro) als vereinbarte Vergütung erhalten. Mit diesem und einem bereits vom OLG München am 21.12.2017 entschiedenen Verfahren (GRUR-RR 2018, 225) strebt der 84-jährige Kläger Nachvergütungsansprüche gemäß § 32a UrhG an. Vom OLG München wurden ihm seinerzeit gegen die Filmherstellerin, die Videoverwertungsgesellschaft sowie den WDR insgesamt und mit Zinsen rund 588.000 Euro zugesprochen. Im hiesigen Verfahren macht er seine Ansprüche gegenüber den weiteren Rundfunkanstalten, die die ARD bilden, geltend. Diese betreiben jeweils ihr eigenes "drittes Programm" und strahlten dort und in den Gemeinschaftsprogrammen der ARD bis zum 12.03.2016 wiederholt "Das Boot" aus. Im Berufungsverfahren begehrte der Kameramann beim OLG mehr als die ihm vom Landgericht Stuttgart (BeckRS 2017, 139587) zugesprochenen rund 77.000 Euro, die Rundfunkanstalten lehnten dagegen eine Nachvergütung ab.

OLG spricht weitere angemessene Beteiligung zu

Laut OLG steht dem Kläger für 41 Ausstrahlungen der Produktion in den Jahren 2002 bis 2016 eine angemessene weitere Beteiligung gemäß § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG zu. Zwischen der vom Kläger mit der Filmproduktionsfirma vereinbarten Vergütung für die Einräumung des Nutzungsrechts und den aus der Nutzung erzielten Erträgnissen und Vorteilen der jeweiligen Sender bestehe ein auffälliges Missverhältnis im Sinne des seit 2002 normierten sogenannten Fairnessparagraphen.

Vorteile der Rundfunkanstalten nach tariflichen Wiederholungsvergütungssätzen zu bemessen

Bei der Bemessung der Vorteile der Rundfunkanstalten durch die Ausstrahlungen orientiert sich das OLG an tariflichen Wiederholungsvergütungssätzen, wie sie die Tarifverträge der drei größten ARD-Anstalten für die Ausstrahlung von Wiederholungssendungen vorsehen. Demgegenüber sei der erstinstanzliche Lösungsansatz, die Vorteile und Erträgnisse der Sendeanstalten nach den Lizenzkosten zu bemessen, für nicht sachgerecht. Dagegen spreche unter anderem, dass es im Filmlizenzgeschäft keine allgemeingültigen Preise gibt und derselbe Film einmal günstig und ein andermal viel teurer eingekauft werden kann.

Nachvergütung nicht zu verzinsen

Die unter Berücksichtigung der Vorteile der Beklagten angemessene Vergütung betrage somit insgesamt 315.018,29 Euro, so das OLG weiter. Dabei sei die tatsächliche Vergütung des Kameramanns durch die Filmnutzungen bis zum Stichtag 28.03.2002 (Verkündung des § 32a UrhG) bereits "verbraucht". Der Nachvergütungsbetrag werde zu rund 60% von den acht beklagten ARD-Sendern für die Ausstrahlungen in den Gemeinschaftsprogrammen gesamtschuldnerisch geschuldet, der restliche Betrag entfalle auf die einzelnen Sender für die Ausstrahlungen in den jeweiligen "dritten Programmen". Entgegen der Auffassung des OLG München und des LG sei der Zahlbetrag nicht zu verzinsen, da der sogenannte Vertragsanpassungsanspruch keine Geldschuld betreffe.

Auch künftige Nutzungen angemessen zu vergüten

Für die Zeit nach dem 12.03.2016 und die Zukunft stellte das OLG fest, dass für die jeweilige Nutzung der Filmproduktion "Das Boot" eine weitere angemessene Beteiligung von den Beklagten an den Kameramann zu zahlen sei.

OLG Stuttgart, Urteil vom 26.09.2018 - 4 U 2/18

Redaktion beck-aktuell, 27. September 2018.