Wegen Nadel regelmäßiges Röntgen nötig
Die heute 30-jährige Klägerin hatte sich im März 2014 im Krankenhaus der Beklagten einer urologischen Operation unterzogen, bei der eine 1,9 Zentimeter lange Nadel im Körper zurückgeblieben war. Dies wurde bei einem CT im April 2014 festgestellt und die Patientin darüber rund zwei Monate nach der Operation informiert. Seither muss sie sich zur Kontrolle des Verbleibs der Nadel im Körper regelmäßig röntgenologisch untersuchen lassen und befürchtet Folgeschäden sowie gegebenenfalls eine weitere Operation zur Entfernung der Nadel.
LG sprach bereits Schmerzensgeld und Schadenersatz zu
Das Landgericht Ulm hatte die Beklagte bereits zu Schmerzensgeld und Schadenersatz verurteilt, wogegen diese sich mit ihrer Berufung richtet. Nach Auffassung der Berufungsklägerin, vertreten durch das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistung der Bundeswehr, stelle eine unterbliebene Zählkontrolle keinen Behandlungsfehler dar.
OLG: Unterlassene Zählkontrolle begründet Behandlungsfehler
Das OLG gab der Geschädigten überwiegend Recht. Es reduzierte lediglich das erstinstanzlich verhängte Schmerzensgeld. Das Zurücklassen der Nadel im Bauchraum stelle einen schuldhaften Behandlungsfehler dar, der der Klinik zur Last falle. Nach der BGH-Rechtsprechung müssten Ärzte alle möglichen und zumutbaren Sicherungsvorkehrungen gegen das unbeabsichtigte Zurücklassen eines Fremdkörpers im Operationsgebiet treffen und sämtliche Instrumente nach einer OP auf ihre Vollständigkeit überprüfen. Zur Zählkontrolle und Vermeidung unbeabsichtigt im Operationsgebiet zurückgelassener Fremdkörper habe das Aktionsbündnis Patientensicherheit bereits 2010 Handlungsempfehlungen veröffentlicht. Da diese Handlungsempfehlungen auf Grundlage eines Beschlusses des deutschen Bundestages durch das Bundesgesundheitsministerium gefördert wurden, hält es das OLG Stuttgart für befremdlich, dass die beklagte Bundesrepublik Deutschland meint, sie selbst sei vier Jahre nach Veröffentlichung dieser Empfehlungen nicht zu Zählkontrollen bei Operationen verpflichtet. Der Behandlungsfehler und die verspätete Aufklärung der Patientin seien jedoch nicht als grober Behandlungsfehler zu bewerten.
10.000 Euro Schmerzensgeld und 2.000 Euro Schadenersatz
Das unbemerkte Zurücklassen der Nadel habe bei der Klägerin zu einem Schaden geführt. Sie sei nicht nur durch die regelmäßigen Lagekontrollen der Nadel, sondern auch durch das Wissen um die Nadel im Körper und die Ungewissheit über die Erforderlichkeit einer Operation zu deren Entfernung belastet. Das Berufungsgericht hält daher ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro für angemessen und ausreichend. Weiter erhalte die Klägerin ihre bisherigen materiellen Schäden in Höhe von rund 2.000 Euro erstattet. Im Übrigen stellte das OLG fest, dass der Krankenhausträger verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren materiellen und nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden aus dem Behandlungsfehler zu ersetzen. Die Revision wurde nicht zugelassen.