OLG Oldenburg: Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres bei jahrelangen Gewalttätigkeiten und Demütigungen

Eine Ehefrau muss vor der Scheidung ihrer Ehe kein Trennungsjahr abwarten, wenn sie von ihrem Ehemann jahrelang gewalttätiges Verhalten erdulden musste und gedemütigt wurde. Darauf weist das Oberlandesgericht Oldenburg mit Beschluss vom 26.04.2018 hin. Ein Festhalten an der Ehe während des Trennungsjahres würde hier eine unzumutbare Härte (§ 1565 Abs. 2 BGB) darstellen (Az.: 4 UF 44/18).

Ehepartner gewalttätig und grob beleidigend

Die Eheleute waren 26 Jahre lang verheiratet. Die erwachsenen Kinder hatten vor Gericht ausgesagt, ihr Vater habe sich wie ein "Pascha" benommen. Er sei häufig sehr aggressiv und gewalttätig gewesen. Zuletzt sei es im September 2017 zu einem Vorfall gekommen, bei dem er die Mutter heftig geschüttelt und gröbst beleidigt habe. Die Mutter habe einen Krisenanfall bekommen und habe mit dem Rettungswagen abgeholt werden müssen.

OLG: Abwarten des Trennungsjahrs hier nicht zumutbar

Laut OLG setzt die Scheidung der Ehe in diesem Fall kein Abwarten des Trennungsjahrs voraus, da die Fortsetzung der Ehe für die Frau aus Gründen, die in der Person des Ehemanns liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde. Es sei typisch für Gewalttätigkeiten in der Ehe, dass jahrelang Demütigungen ausgehalten würden, bis es zu einem Punkt komme, wo dies nicht mehr gelinge. Die Ehefrau habe dies überzeugend geschildert und sich als "psychisch kaputt" beschrieben. Der Ehemann könne auch nicht damit gehört werden, dass die groben und tief verletzenden Beleidigungen vor Gericht verfälschend übersetzt worden seien und eine "kulturelle Übersetzung" erforderlich sei. Es sei hinreichend deutlich geworden, wie schwer die Beleidigungen die Kinder und die Ehefrau getroffen hätten. Der Ehemann habe durch sein Verhalten die Grundlage eines weiteren Zusammenlebens der Eheleute zerstört. Der Ehefrau sei ein Festhalten an der Ehe während des Trennungsjahres nicht zuzumuten.

OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.04.2018 - 4 UF 44/18

Redaktion beck-aktuell, 17. September 2018.