Keine Mandatsvermittlung durch Marketing-Kampagne

Eine von Rechtsanwälten beauftragte Marketing-Kampagne verstößt nicht gegen das Verbot der Mandatsvermittlung, wenn das Werbeunternehmen vertraglich nur zur Akquise von Interessenten verpflichtet ist. Unter diesen Voraussetzungen hält das Oberlandesgericht München auch eine an der Anzahl der gelieferten Kontakte orientierte Vergütung für zulässig.

Zielgruppe: Dieselbetroffene

Eine Rechtsanwaltsgesellschaft wollte die Rechnung eines Werbeunternehmens nicht bezahlen. Im Sommer 2019 plante sie, sich vor dem Hintergrund des Dieselskandals durch eine Marketing-Offensive einen Teil des Kuchens zu sichern. Sie beauftragte die Firma, einen "Stand-Alone Newsletter" zum Thema an mögliche Betroffene zu verschicken. Die Bezahlung sollte sich – neben einem Fixanteil – nach der Anzahl der vermittelten Interessenten richten, gestaffelt nach dem Umfang der von den Nutzern preisgegebenen Daten. Um eine Vergütung bereits bekannter Namen zu vermeiden, erhielt die Auftraggeberin vorab eine vereinbarungsgemäß verschlüsselte Datei im Format eines MD5-Hashes zum Abgleich. In zwei Datenpaketen übermittelte die Firma 129 und dann 102 weitere "Leads". Die Anwälte teilten jeweils mit, dass sie technisch nicht in der Lage seien, die Liste zu öffnen. Die Agentur solle den "nächsten geplanten Schritt" einleiten. Entsprechend leitete diese die Werbeaktion ein und stellte für die Datensätze insgesamt eine Rechnung von fast 9.900 Euro. Das LG München I wies die Klage ab: Es handle sich um eine nach § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO iVm § 134 BGB verbotene Mandatsvermittlung. Die Berufung der Werbefirma hatte Erfolg.

Vermittlung von Kontakten, nicht Mandaten

Das OLG räumte zwar ein, dass in der Klageschrift von der "Generierung" von Mandaten die Rede gewesen sei. Auf den Hinweis des Landgerichts hätten aber beide Parteien diesen Punkt klargestellt. Nach dem Inhalt des Vertrags sei es um die Vermittlung "exklusiver Interessenten" gegangen. Die Firma sei nicht beauftragt gewesen, bei Vertragsabschlüssen mitzuwirken, oder habe gar Mandate liefern müssen. Nach Ansicht der Münchener Richter ist vor diesem Hintergrund auch unschädlich, dass pro Datensatz bezahlt werden sollte. Es handle sich im Ergebnis "um eine Form des Dialogmarketings (Direct-Response-Marketing) und damit der Werbung". Offen bleiben könne, ob die Aktion nach § 43b BRAO möglicherweise als Werbung um Einzelmandate eingestuft werden könne, da dies den Vertrag der Parteien nicht berühren würde.

Mängelrügen greifen nicht

Die Mitteilung, dass man die weiteren Maßnahmen einleiten solle, wertete das OLG als Abnahme der angebotenen Datensätze. Es falle nicht dem Unternehmen zur Last, wenn die Anwälte mit der ausdrücklich vereinbarten Verschlüsselung nicht umgehen könnten. Außerdem seien die erhobenen Mängelrügen entgegen der Abrede nicht fristgemäß begründet worden.

OLG München, Urteil vom 13.10.2021 - 7 U 5998/20

Redaktion beck-aktuell, 22. Oktober 2021.