OLG München: Ad-Blocker verstoßen nicht gegen Kartell-, Wettbewerbs- und Urheberrecht

Open Source-Software, die Werbung auf Websites unterdrückt, verstößt weder gegen Kartell- noch gegen Wettbewerbsrecht. Das Oberlandesgericht München konnte in seinen Urteilen vom 17.08.2017 keine gezielte Behinderung der Websitebetreiber erkennen. Die sogenannten Ad-Blocker stellten zudem auch keinen Verstoß gegen Urheberrecht dar.

Kläger finanzieren kostenfreie Internetseiten mit Werbung

Die Klageparteien betreiben für die Nutzer kostenlose Internetseiten mit journalistischen Inhalten. Diesen Onlineauftritt finanzieren sie durch Werbung. Die Beklagte vertreibt seit 2011 eine für den Nutzer unentgeltliche Open-Source-Software, die der Unterdrückung von Werbeeinblendungen beim Aufruf einer Internetseite dient. Dabei besitzt das Programm der Beklagten selbst keine eigene Filter-Funktionalität, sondern muss mit Vorgaben ergänzt werden, welche Inhalte blockiert werden sollen. Diese sind in sogenannten Filterlisten ("Blacklists") enthalten, die dem Nutzer standardmäßig vorgeschlagen werden. Die Software der Beklagten ist nach dem Download so voreingestellt, dass nach ihren Kriterien ("Whitelist") als nicht störend eingestufte Werbung angezeigt werden kann. Jeder Webseitenbetreiber hat die Möglichkeit, am "Whitelisting" der Beklagten teilzunehmen und seine Seiten von ihr freischalten zu lassen. Von Betreibern größerer Webseiten verlangt die Beklagte dafür eine Lizenzzahlung. 

Kläger beklagen massive Umsatzeinbußen

Die Kläger haben in den Verfahren die Ansicht vertreten, dass der Einsatz der Software zu massiven Umsatzeinbußen führt, sie gezielt behindert und unlauter Druck auf sie ausübt, mit der Beklagten eine kostenpflichtige Vereinbarung über eine "Freischaltung" von Werbeinhalten abzuschließen. Das Landgericht hatte zuvor die Klagen abgewiesen, mit denen die Klageparteien wettbewerbs- und kartellrechtliche sowie urheberrechtliche Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadenersatzfeststellungsansprüche geltend gemacht haben.

OLG: Keine gezielte Behinderung

Das OLG München hat nun auch die Berufungen zurückgewiesen. Es hat die Auffassung des LG bestätigt, dass keine gezielte Behinderung vorliegt. Darüber hinaus hat es das Geschäftsmodell der Beklagten nicht als verbotene aggressive Werbung qualifiziert. Ein kartellrechtliches Verbot wurde nicht verhängt, weil die Beklagte nicht über eine marktbeherrschende Stellung auf dem Markt des Zugangs zu allen Internetnutzern für Werbung verfüge.

Verwendung von Ad-Blockern durch Nutzer nicht urheberrechtswidrig

Die von einer der Klägerinnen geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche scheitern laut OLG daran, dass die Verwendung von Werbeblockern durch die Nutzer nicht rechtswidrig ist. Denn indem die Klägerin den Nutzern den ungehinderten Zugang zu ihrem Internetauftritt bei Nutzung des Werbeblockers eröffnet lässt und lediglich die Bitte geäußert hat, auf die Verwendung von Werbeblockern zu verzichten, liege aus der Sicht der Nutzer eine (schlichte) Einwilligung vor.

Revision wegen divergierender OLG-Entscheidung zugelassen

Wegen einer abweichenden Entscheidung des OLG Köln zu den wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen wurde insoweit die Revision zugelassen.

OLG München, Urteil vom 17.08.2017

Redaktion beck-aktuell, 17. August 2017.