OLG Karlsruhe: Begrenzung der Erstattungsfähigkeit von Kosten für allgemeine Krankenhausleistungen

KHG §§ 2 Nr. 1, 5 I Nr. 2, 4 und 7, 17 I 5, 17b, 20 Satz 1; BGB § 134; VVG § 192 I 5; AVB § 5; LKHG BW §§ 7, 32

Der Erstattungsanspruch des Versicherungsnehmers in der privaten Krankenversicherung ist bei Entgeltforderungen für allgemeine Krankenhausleistungen von Privatkliniken, die verbundene Einrichtungen im Sinne des § 17 Abs. 1 S. 5 KHG (Krankenhausfinanzierungsgesetz) sind, der Höhe nach auf die nach den Regelungen des KHG, des KHEntG und der Bundespflegesatzordnung zulässige Höhe (Fallpauschalensystem) beschränkt. Höhere Entgeltvereinbarungen mit der Privatklinik verstoßen nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe gegen ein gesetzliches Verbot und sind damit gemäß § 134 BGB nichtig. Weiter entschieden die Richter, § 17 Abs. 1 S. 5 KHG sei auch dann anzuwenden, wenn die verbundene Einrichtung durch die «Ausgründung» eines Plankrankenhauses aus einer zuvor bereits bestehenden Privatklinik entstanden ist. § 20 Satz 1 KHG schließe die Anwendung von § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG auf verbundene Einrichtungen nicht aus. Bei § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG handele es sich um die speziellere Vorschrift.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.03.2017 - 12 U 143/16 (LG Mannheim), BeckRS 2017, 109061

Anmerkung von
Rechtsanwalt Holger Grams, Fachanwalt für Versicherungsrecht, München

Aus beck-fachdienst Versicherungsrecht 10/2017 vom 18.05.2017

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Sachverhalt

Die Kläger fordern von der Beklagten, einem privaten Krankenversicherer, die Erstattung weiterer Kosten für stationäre Krankenhausaufenthalte in der A. Sportklinik, einem privaten Krankenhaus. Unter derselben Anschrift wird außerdem die A. Klinik betrieben, die in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg aufgenommen ist. Die auf Seiten der Kliniken handelnden Personen sind behandelnde Ärzte beider Kliniken und zugleich vertretungsberechtigte Geschäftsführer der jeweiligen Trägergesellschaften (GmbHs).

Nach den Versicherungsbedingungen ersetzt die Beklagte Aufwendungen für allgemeine Krankenhausleistungen, wozu Leistungen im Sinn von § 17b des Krankenhausfinanzierungsgesetztes (KHG) zählen. Die Beklagte hat die allgemeinen Krankenhausleistungen der Kläger jeweils auf Grundlage des Fallpauschalensystems (DRG-System) erstattet und die Erstattung der darüber hinausgehenden Kosten abgelehnt. Die Klage wurde vom Landgericht ganz überwiegend abgewiesen; die Berufungen der Kläger blieben erfolglos.

Rechtliche Wertung

Das OLG hat entschieden, dass die Kläger keine weitergehenden Ansprüche gegen die Beklagte haben, da die über die bezahlten Fallpauschalen hinausgehenden Ansprüche der Sportklinik gegenüber den Klägern unbegründet sind. Die Ansprüche der Sportklinik seien auf die gemäß § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG zulässige Entgelthöhe begrenzt. Die Vereinbarung höherer Honorare sei gemäß § 134 BGB nichtig, da dies gegen ein gesetzliches Verbot verstoße. Bei § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG handle es sich um ein Verbotsgesetz im Sinn von § 134 BGB im Sinne einer Preisbestimmung.

Danach dürfe eine Einrichtung, die in räumlicher Nähe zu einem Krankenhaus liegt und mit diesem organisatorisch verbunden ist, für allgemeine Krankenhausleistungen keine höheren Entgelte verlangen, als sie nach den Regelungen des KHG, des KHEntG und der BPflVO zu leisten wären. Die A. Sportklinik sei eine solche verbundene Einrichtung, da sie in räumlicher Nähe zur A. Klinik liege und mit diesem über die Gesellschafter organisatorisch verbunden sei.

§ 20 KHG schließe die Anwendung von § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG auch nicht aus. Bei § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG handle es sich um die speziellere Vorschrift, die damit vorgehe. Es sei gerade das Ziel der Einführung der Sätze 5 und 6 des § 17 Abs. 1 KHG (Art. 6 des Gesetzes vom 22.12.2011, BGBl I S. 2983) gewesen, nicht geförderte Privatkliniken, die mit einem Krankenhaus mit Versorgungsauftrag räumlich und organisatorisch verbunden sind, einer Entgeltbindung zu unterwerfen.

Die Entscheidung des BGH vom 21.04.2011 - III ZR 114/10 (BeckRS 2011, 12913 ) sei Anlass der Gesetzesänderung gewesen und werde ausdrücklich von ihr zitiert (BT- Drucks 17/8005 vom 30.11.2011 S. 133). Dort habe der BGH die Anwendung des KHEntG auf eine aus einem Privatkrankenhaus ausgegründete, aber verbundene Privatklinik abgelehnt. Dies habe der Gesetzgeber korrigieren wollen.

§ 17 Abs. 1 Satz 5 KHG sei auch nicht verfassungswidrig, so das OLG weiter. Die Vorschrift greife nicht unzulässig in Rechte privater Krankenhausträger aus Art. 12 oder Art. 14 GG ein (BVerfG, Beschluss vom 20.08.2013 – 1 BvR 2402/12, BeckRS 2013, 55281) und sei auch hinreichend bestimmt.

Praxishinweis

Gegen die Entscheidung wurde von Klägerseite Revision eingelegt. Diese war vom OLG wegen der Frage, ob § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG den Honoraranspruch einer Privatklinik, die zeitlich vor dem mit ihr verbundenen Plankrankenhaus gegründet wurde, und damit auch den Erstattungsanspruch des Versicherten gegen die Versicherung begrenzt, nach § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen worden. Die Revision wird beim BGH unter dem Aktenzeichen IV ZR 123/17 geführt.

Redaktion beck-aktuell, 2. Juni 2017.