Baufinanzierung: Bereitstellungsprovision darf Darlehenszinssatz erheblich übersteigen

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn eine Bank in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bereitstellungsprovision vorsieht, die den nach der Auszahlung des Darlehens geschuldeten Zinssatz erheblich übersteigt. Mit dieser Aussage hat das Oberlandesgericht Karlsruhe die Berufung eines Verbraucherschutzverbandes gegen ein Urteil des Landgerichts Mannheim zurückgewiesen.

Klage gegen Bankklausel zu Bereitstellungsprovision

Der klagende Verbraucherschutzverband hat eine Bank auf Unterlassung einer im Bereich der Baufinanzierung verwendeten Vertragsklausel in Anspruch genommen. Nach dieser Klausel schuldet der Darlehensnehmer eine Bereitstellungsprovision von 0,25% pro Monat in Bezug auf den Darlehensbetrag, der nach Ablauf einer Abruffrist noch nicht zur Auszahlung gekommen ist. Diese Klausel hält der Verbraucherschutzverband für inhaltlich unangemessen und deswegen unwirksam. Als Beispiel hat er einen Vertrag zwischen einem Verbraucher und der beklagten Bank vorgelegt, bei dem ein jährlicher Vertragszins von 1,22% ab Auszahlung des Darlehens vereinbart war. Die bis zur Auszahlung des Darlehens geschuldete Bereitstellungsprovision von umgerechnet circa 3% pro Jahr übersteigt die nach der Darlehensauszahlung geschuldeten Zinsen also um das nahezu Zweieinhalbfache.

OLG: Klausel als Preisabrede nicht der Inhaltskontrolle unterworden

Das OLG Karlsruhe verneint einen Verstoß dieser vertraglichen Gestaltung gegen AGB-Recht. Dafür sei die gesetzgeberische Entscheidung maßgeblich, sogenannte Preisabreden der sonst vorgesehenen Inhaltskontrolle von vorformulierten Vertragsbedingungen grundsätzlich zu entziehen (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Bei der Klausel zur Bereitstellungsprovision handele es sich um eine solche Preisabrede. Sie regele gerade die Vergütung der von der Bank erbrachten Sonderleistung, dem Darlehensnehmer den Darlehensbetrag nach Abschluss des Darlehensvertrages auf Abruf bereitzuhalten.

OLG verneint auch sittenwidrigen Wucher

Daneben verstoße die Klausel auch nicht gegen das Verbot sittenwidriger Rechtsgeschäfte in § 138 Abs. 1 BGB. Zwar könne ein danach unwirksames "wucherähnliches Kreditgeschäft" nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorliegen, wenn der effektive Vertragszins den marktüblichen Effektivzinssatz relativ um etwa 100% oder absolut um zwölf Prozentpunkte überschreitet. Diese Rechtsprechung des BGH aus den 1980er- und 1990er-Jahren führe allerdings im vorliegenden Fall aus zwei Gründen nicht zur Sittenwidrigkeit der Vertragsklausel zur Bereitstellungsprovision.

Bereitstellungsprovision und Darlehenszins nicht vergleichbar

Zum einen seien Bereitstellungsprovision und Darlehenszins bereits nicht miteinander vergleichbar, weil diesen Leistungen unterschiedliche Gegenleistungen der Bank gegenüberstehen: Während die Zahlung des Vertragszinses die von dem Darlehensnehmer zu erbringende Gegenleistung für die Überlassung der Darlehensvaluta durch die Bank darstellt, sei die Zahlung der Bereitstellungsprovision die Gegenleistung für die von der Bank geschuldete Bereithaltung eines Darlehensbetrags auch nach Ablauf der Abnahmefrist.

Besonderheit derzeitiger Niedrigzinsphase zu berücksichtigen

Zum anderen läge selbst bei einer Vergleichbarkeit des Vertragszinssatzes einerseits und der Bereitstellungsprovision andererseits auch bei einer Zinsdifferenz von rund 250% in der derzeitigen Niedrigzinsphase kein zu einer Sittenwidrigkeit führendes auffälliges Missverhältnis vor. Bei einer starren Fixierung auf die – aus einer Zeit erheblich höherer Zinssätze stammende – relative 100%-Grenze in einer Niedrigzinsphase würde bereits ein – in absoluten Zahlen – geringfügiger Zinsunterschied (zum Beispiel 0,6% statt 0,3%) zur Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages führen. Ein solcher Unterschied vermöge das Verdikt der Sittenwidrigkeit aber nicht zu begründen. Daher ist nach Auffassung des OLG in Niedrigzinsphasen die absolute Abweichung des effektiven Vertragszinses vom marktüblichen Effektivzins als Maßstab einer Sittenwidrigkeit (mit-) heranzuziehen. Dabei könne ein "Spread" der Immobilienkreditkonditionen von drei Prozentpunkten noch akzeptiert werden; erst eine noch höhere Abweichung wäre als sittenwidrig anzusehen. Im jetzt entschiedenen Fall habe die Zinsdifferenz aber deutlich darunter gelegen.

Revision zum BGH nicht zugelassen

Das OLG hat die Revision zum BGH nicht zugelassen.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.10.2021 - 17 U 545/20

Redaktion beck-aktuell, 21. Oktober 2021.