OLG Hamm: Kunde muss nach Widerruf eines Vertrags zur Vermittlung der Ehrendoktorwürde Wertersatz leisten

Nimmt der Kunde eines Dienstleisters Unterstützungsleistungen für den Erwerb einer Ehrendoktorwürde in Anspruch, ist er im Fall des wirksamen Widerrufs des Dienstvertrags zwar nicht mehr zur Begleichung der primären Zahlungsansprüche verpflichtet, aber zu Wertersatz in Höhe des vereinbarten Vertragsentgelts. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 23.08.2017 entschieden (Az.:2 O 28/16).

Klägerin bot Beklagtem Unterstützung bei Erwerb der Ehrendoktorwürde an

Die klagende Gesellschaft aus Köln bietet ihren Kunden gewerblich die Unterstützung beim Erwerb von Doktor-, Ehrendoktor-und Professorentiteln an. Sie hat einen Kunden aus Bochum verklagt, der - zuvor an der Entwicklung der elektronischen Gesundheitskarte beteiligt - im Jahr 2015 den Erwerb einer Ehrendoktorwürde wünschte. Für Vermittlungsleistungen der Klägerin sah das von der Klägerin dem Beklagten übergebene Vertragsformular ein Honorar von brutto 17.850 Euro vor. Die Klägerin vermittelte dem Beklagten in der Folgezeit den Kontakt zu einer rumänischen Universität, die bereit war, dem Beklagten in einer Zeremonie den Titel "Dr. h.c." zu verleihen.

Beklagter berief sich nach Inanspruchnahme der Leistungen auf Nichtigkeit des Vertrags

Zu der Verleihung der Ehrendoktorwürde reisten der Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagte im November 2015 gemeinsam nach Rumänien. Die danach von der Klägerin in Rechnung gestellte Vergütung beglich der Beklagte nicht und erklärte den Widerruf des abgeschlossenen Vertrages. Gegen die von der Klägerin daraufhin erhobene Zahlungsklage wandte der Beklagte ein, den Vertrag nicht selbst unterzeichnet, ihn jedenfalls wirksam widerrufen zu haben. Zudem meinte er, der Vertrag sei sittenwidrig, weil er auf das Erlangen eines Doktortitels ohne wissenschaftliche Leistung gerichtet sei. Das Landgericht gab der Klägerin Recht, sodass der Beklagte Berufung einlegte.

OLG: Parteien haben rechtmäßigen Dienstvertrag geschlossen

Das Oberlandesgericht bestätigte nunmehr im Ergebnis die landgerichtliche Entscheidung und wies die Berufung des Beklagten zurück. Zwischen den Parteien sei zunächst ein wirksamer Dienstvertrag zustande gekommen. Der Beklagte habe das an ihn gerichtete Vertragsangebot der Klägerin zumindest durch schlüssiges Verhalten angenommen, indem er nach Erhalt des Vertragsangebotes die Vermittlungsleistungen der Klägerin in Anspruch genommen habe. Darauf, ob er das Angebot auch selbst unterzeichnet habe, komme es insoweit nicht an. Der abgeschlossene Vertrag sei nicht sittenwidrig. Die Klägerin habe sich zu Unterstützungsleistungen beim Erwerb eines akademischen Titels verpflichtet, die der Beklagte im Erfolgsfalle habe bezahlen müssen. Dieser Vertrag sei kein entgeltliches Geschäft über das Verschaffen öffentlicher Ämter und Titel, mit ihm habe sich die Klägerin auch nicht verpflichtet, dem Beklagten behilflich zu sein, sich gegen Geld einen akademischen Grad zu verschaffen.

Beklagter hat Vertrag wirksam widerrufen

Zudem habe der für die Sittenwidrigkeit beweispflichtige Beklagte auch nicht dargelegt, dass für das Verleihen der Ehrendoktorwürde ein Entgelt an die rumänische Universität gezahlt worden sei. Vielmehr seien sich die Parteien darüber einig gewesen, dass zum Erlangen des Titels (jedenfalls auch) eine gewisse wissenschaftliche Leistung des Beklagten erforderlich sei. Eine sich aus der vereinbarten Vergütungshöhe ergebende Sittenwidrigkeit habe der Beklagte ebenfalls nicht ausreichend vorgetragen. Ihren Entgeltanspruch könne die Klägerin allerdings nicht mehr auf die vertragliche Vergütungsabsprache stützen. Der Beklagte habe nämlich von dem ihm im Vertrag eingeräumten Recht, den Vertrag innerhalb von 14 Tagen zu widerrufen, wirksam Gebrauch gemacht. Die in den Geschäftsbedingungen der Klägerin enthaltene Klausel zum Beginn der Widerrufsfrist sei unwirksam.

Primäre Zahlungsansprüche der Klägerin erloschen

Die Klausel stelle im Hinblick auf den Beginn der Widerrufsfrist auf die Erfüllung von Informationspflichten nach einer bei Vertragsschluss so nicht existierenden Norm ab. Das benachteilige einen Kunden unangemessen, da dieser allein mit dem Hinweis auf die Norm den Beginn der Widerrufsfrist nicht überprüfen könne. Aus diesem Grunde sei die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden, sodass der Beklagte seine Zustimmung zu dem Vertrag noch nach Rechnungstellung habe widerrufen können. Der wirksame Widerruf führe zu einem Wegfall der primären Leistungspflichten. Die im Vertrag als primäre Leistung des Beklagten vereinbarte Vergütung schulde er daher nicht mehr.

Beklagter aber bereicherungsrechtlich zu Wertersatz verpflichtet

Dafür sei der Beklagte allerdings verpflichtet, die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren. Da der Beklagte nicht in der Lage sei, die Unterstützungsleistungen der Klägerin herauszugeben, schulde er insoweit Wertersatz. Bei der Berechnung des Wertersatzes sei wiederum die im Vertrag bestimmte Gegenleistung zugrunde zu legen. Dass im vorliegenden Fall hiervon ausnahmsweise zu Gunsten des Beklagten abzuweichen sei, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Beklagte schulde der Klägerin daher als Wertersatz den ursprünglich vereinbarten Bruttobetrag von 17.850 Euro.

OLG Hamm, Urteil vom 23.08.2017 - 12 U 111/16

Redaktion beck-aktuell, 12. Dezember 2017.