OLG Hamm präzisiert Verkehrssicherungspflichten für an Straßen aufgestellte Werbeanlagen

Neben der Straße aufgestellte Werbeanlagen dürfen Verkehrsteilnehmer nicht ablenken, behindern und müssen standsicher aufgestellt sein. Weitergehende Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz stürzender Kradfahrer müssen sie nicht aufweisen. Das hat das Oberlandesgericht Hamm bereits am 15.03.2016 (Az.: 9 U 134/15) entschieden. Diese Entscheidung ist jetzt rechtskräftig, nachdem der Bundesgerichtshof die Nichtzulassungsbeschwerde des im Prozess unterlegenen Kradfahrers mit Beschluss vom 24.10.2017 (Az. VI ZR 162/16) zurückgewiesen hat.

Kradfahrer prallt bei Sturz gegen Werbeschild

Der seinerzeit 30 Jahre alte Kläger aus Greven befuhr im Juni 2013 mit seinem Krad der Marke Suzuki eine Straße in Steinfurt. Beim Ausgang einer Linkskurve verlor er die Kontrolle über sein Krad und stürzte. Dabei rutschte er über die Einmündung eines untergeordneten Wirtschaftsweges und prallte gegen ein etwa 6 Meter von der Fahrbahn entferntes hölzernes Werbeschild des beklagten Landwirts. Die Holzpfosten des Schildes waren mit verzinkten Erdhülsen in einem Betonfundament aufgestellt und wiesen keinen Aufprallschutz wie etwa eine Styroporummantelung auf. Durch den Aufprall wurde ein Holzpfosten des Schildes durchtrennt, dessen Betonfundament sich löste. Der Kläger erlitt schwere Verletzungen. Er ist seit dem Unfall querschnittsgelähmt und ohne Aussicht wieder erwerbstätig sein zu können.

Kradfahrer: Kläger hätte Aufprallschutz installieren müssen

Vom beklagten Landwirt hat der Kläger Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz mit der Begründung verlangt, der Beklagte habe das Werbeschild ohne die erforderliche Genehmigung der Straßenbaubehörde und ohne einen gebotenen Aufprallschutz errichtet und mit der so geschaffenen Gefahrenlage eine Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Werbeplakat nicht ursächlich für Sturz

Das Schadensersatzbegehren des Klägers ist erfolglos geblieben. Eine haftungsbegründende Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten konnte der Neunte Zivilsenat des OLG nicht feststellen. Die beim Aufstellen des Werbeschildes zu beachtenden straßenwegerechtlichen, straßenverkehrsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Vorschriften dienten nicht dazu, Verletzungen eines mit dem Werbeschild kollidierenden Verkehrsteilnehmers zu verhindern. Dass sie den Verkehr ablenkende und damit die Verkehrssicherheit und -leichtigkeit beeinträchtigende Werbeanlagen untersagten, verhelfe dem Kläger zu keinem Anspruch, weil er seinen Sturz nicht auf die Existenz des Schildes zurückführe. Zudem gingen von dem Schild, das habe das Landgericht zutreffend festgestellt, keine die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Ablenkungswirkungen aus.

Fehlen eines Aufprallschutzes unschädlich

Der Beklagte hafte auch nicht deswegen, weil er es unterlassen habe, das Werbeschild durch eine polsternde Ummantelung der Pfosten, einen Fangzaun oder ähnliches weiter abzusichern oder seine Gründung so stabil auszuführen, dass das Fundament selbst beim heftigen Aufprall eines Krades nicht herausgehoben werden kann. Bei nicht direkt an der Straße stehenden Schildern der vorliegenden Art seien derartige Sicherungen nicht üblich und entsprächen auch nicht der Verkehrserwartung. Sie könnten vernünftigerweise auch nicht von Kradfahrern erwartet werden. Diese müssten auch mit sonstigen potenziell (ungesicherten) Hindernissen im Umfeld einer Straße wie Bäumen rechnen.

OLG präzisiert Pflichten des Schildaufstellers

Derjenige, der ein Werbeschild im Umfeld einer Straße aufstelle, müsse lediglich dafür Sorge tragen, dass das Schild so beschaffen sei, dass sich durch Umwelteinflüsse keine Teile ablösen können sowie dass keine Behinderung der Verkehrsteilnehmer durch eine ungünstige Position des Schildes oder eine Ablenkung durch dessen Aufmachung erfolgt, heißt es im OLG-Urteil weiter. Alledem sei der Beklagte nachgekommen. Dabei hätten gerade die mittels Metallbefestigungen und der Betonvorrichtung fest mit dem Erdboden verbundenen Pfosten die erforderliche Standfestigkeit gewährleistet und verhindert, dass sich beispielsweise Teile - etwa witterungsbedingt - lösen und mit Verkehrsteilnehmern kollidieren konnten.

OLG Hamm, Urteil vom 15.03.2016 - 9 U 134/15

Redaktion beck-aktuell, 7. Dezember 2017.