Kein Streit über Verschulden
Die klagende Gesellschaft verlangt vom beklagten Versicherer aus Frankfurt weiteren Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall. An dem Unfall waren der Pkw Porsche Macan der Klägerin und ein Fiat Punto eines Versicherungsnehmers der Beklagten beteiligt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte zu 100% für den Unfallschaden aufzukommen hat. Der von der Klägerin für 92.400 Euro erworbene Porsche war am 22.06.2016 erstmals zugelassen worden und hatte zum Unfallzeitpunkt eine Laufleistung von 3.291 Kilometern.
Gutachter siedelt Wiederbeschaffungswert unter Neuwagenpreis an
Auf der Grundlage eines Schadensgutachtens regulierte die Beklagte den Fahrzeugschaden ausgehend von einem – bezogen auf den Zeitpunkt des Unfalls – Netto-Wiederbeschaffungswert in Höhe von circa 80.250 Euro und einem Netto-Restwert in Höhe von ca. 55.090 Euro mit einem Betrag von circa 25.160 Euro. Die Klägerin veräußerte das Unfallfahrzeug zu dem im Gutachten ermittelten Netto-Restwert und erwarb einen neuen Pkw gleichen Typs zu einem Kaufpreis von circa 92.800 Euro. Mit ihrer Klage hatte die Klägerin von der Beklagten die Differenz zwischen dem von der Beklagten zugrunde gelegten Wiederbeschaffungswert und dem von ihr für den Unfallwagen ausgegebenen Kaufpreis in Höhe von circa 12.150 Euro als weiteren Schaden ersetzt verlangt.
Geschädigte begehrt Schadensberechnung auf Neuwagenbasis
Dabei hat sie gemeint, dass sie ihren Schadenersatzanspruch auf Neuwagenbasis abrechnen könne, weil der Porsche beim Unfall – abzüglich einer Überführungsfahrt – noch keine 3000 Kilometer Strecke zurückgelegt habe und als hochwertiges Fahrzeug aufgrund der heutigen technischen Entwicklung länger als früher als Neufahrzeug anzusehen sei. Der Porsche sei beim Unfall in tragenden Teilen erheblich beschädigt worden und gelte auch nach einer fachgerechten Reparatur nicht mehr als neuwertig.
OLG: Neuwagenentschädigung nur bei Fahrleistung bis 1.000 Kilometer
Ebenso wie das Landgericht hat auch das OLG das weitere Schadenersatzbegehren der Klägerin für unbegründet erachtet. In Anwendung der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach welcher ein Anspruch auf Neuwagenentschädigung in der Regel nur bei einer Fahrleistung von maximal 1.000 Kilometer und einer nicht länger als einen Monat zurückliegenden Erstzulassung in Betracht komme, habe das LG der Klägerin zu Recht eine Schadensregulierung auf Neuwagenbasis versagt, so das OLG.
Trotz fortgeschrittener technischer Entwicklung bei knapp 3.300 Kilometern kein Neuwagen mehr
Der vorliegende Fall sei hiervon nicht auszunehmen. Auch unter Berücksichtigung der weiteren technischen Entwicklung und nach heutiger wirtschaftlicher Verkehrsanschauung sei ein Fahrzeug, das zum Unfallzeitpunkt bereits knapp 3.300 Kilometer gefahren und bereits über sechs Wochen zugelassen gewesen sei, nicht mehr als ein Neuwagen anzusehen, bei dem – im Fall einer erheblichen Beschädigung – ausnahmsweise auch ein "Schmelz der Neuwertigkeit" eine Abrechnung auf Neuwagenbasis rechtfertige. Das bestätigten die Verhältnisse auf dem Markt von sehr jungen Gebrauchtwagen beziehungsweise Fahrzeugen mit Tageszulassung im hochpreisigen Fahrzeugsegment.
OLG Hamm weist weitergehende Ansprüche zurück
Zu Recht habe die Klägerin im Wege des Schadenersatzes (nur) die Mittel zur Beschaffung eines mit dem beschädigten Fahrzeug vergleichbaren unfallfreien Fahrzeugs erhalten. Ein Anspruch auf Ersatz weiterer Kosten für die Anschaffung eines höherwertigen Neufahrzeuges stünden ihr nicht zu.