OLG Hamm: Echter Nationalpass weist Identität nach

Ein Ausländer kann seine Identität mit einem echten Nationalpass nachweisen. Der Umstand, dass in seinem Heimatland kein sicheres Urkundenwesen besteht, reicht allein nicht aus, um die Beweiswirkung des Nationalpasses infrage zu stellen. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm mit rechtskräftigem Beschluss vom 30.05.2017 beschlossen (Az.: 15 W 317/16, BeckRS 2017, 125597).

Vaterschaft ausweisende Geburtsurkunde unter Vorlage eines guineischen Nationalpasses beantragt

Ausweislich seines guineischen Nationalpasses ist der an der Personenstandssache Beteiligte heute 21 Jahre alt, guineischer Staatsangehöriger und 1995 in Mamadou (Guinea) geboren. Er hat die Vaterschaft eines 2014 geborenen Mädchens anerkannt, deren Mutter in Arnsberg wohnt. Mutter, Vater und Kind haben die Ausstellung einer Geburtsurkunde bei der Stadt Arnsberg beantragt, die die Vaterschaft des beteiligten Vaters ausweist. Dazu legten sie neben dem Nationalpass des Vaters noch einen vom guineischen Außenministerium legalisierten Auszug aus dem Geburtenbuch einer guineischen Gemeinde vor, der die Personalien des Vaters bestätigt.

Standesamt verlangte Dokumentenprüfung durch deutsche Botschaft in Guinea

Das Standesamt der Stadt Arnsberg machte die beantragte Folgebeurkundung davon abhängig, dass die Antragsteller zuvor die vom Vater vorgelegten Dokumente auf ihre Kosten durch die deutsche Botschaft in Conakry (Guinea) überprüfen lassen. Dazu sahen sich die Antragsteller nicht in der Lage.

AG bestätigte Standesamt: Keine Vermutung richtigen Inhalts wegen unzuverlässigen Personenstandswesens in Guinea

Die derzeit ablehnende Haltung des Standesamtes bestätigte das Amtsgericht Arnsberg. Die Identität des Kindesvaters sei nicht hinreichend geklärt. Er habe zwar Urkunden vorgelegt, gegen deren formelle Echtheit keine Bedenken bestünden. Die Vermutung des richtigen Inhalts formell echter Urkunden gelte jedoch nicht für Staaten mit bekannt unzuverlässigem Personenstandswesen. Zu diesen gehöre die Republik Guinea. Die Urkunden dieser Staaten könnten lediglich dann eine Beweiswirkung entfalten, wenn sie in einem weiteren Schritt durch eine zuverlässige Quelle vor Ort - in diesem Fall die deutsche Botschaft in Conakry - überprüft und bestätigt würden. Diese Überprüfung hätten die Antragsteller in eigener Zuständigkeit und auf eigene Kosten vornehmen zu lassen. Dagegen legten die Antragsteller Beschwerde ein.

OLG: Identität durch guineischen Nationalpass hinreichend nachgewiesen

Die Beschwerde war erfolgreich. Das OLG hat den Standesbeamten des Standesamtes Arnsberg angewiesen, das Vaterschaftsanerkenntnis des beteiligten Vaters bei dem in Frage stehenden Geburtseintrag zu beurkunden. Der beteiligte Vater habe seine Identität durch den von ihm vorgelegten Nationalpass hinreichend nachgewiesen. Ein Pass sei wegen des Lichtbildes, der Registrierung bei der Passbehörde und seiner durch die zeitliche Begrenzung der Gültigkeit bedingten regelmäßigen Überprüfung ein besonders geeignetes Mittel zum Nachweis der Identität. Nach der Vorlage eines Passes sei eine weitergehende Prüfung nur dann geboten, wenn dem Standesbeamten weitere Urkunden vorlägen und sonstige Tatsachen zur Kenntnis gekommen seien, die Zweifel an der Richtigkeit der durch den Pass dokumentierten Identität rechtfertigen könnten. Das entspreche dem völkerrechtlichen Grundsatz der Passhoheit der einzelnen Staaten und trage dem Umstand Rechnung, dass der Einzelne praktisch keine andere Möglichkeit habe, seine persönliche Identität effektiv nachzuweisen.

Unsicheres Urkundenwesen allein stellt Beweiswirkung nicht infrage

Laut OLG bestünden im vorliegenden Fall keine Ansatzpunkte, die weitergehende Ermittlungen wie eine Überprüfung der Geburtsurkunde vor Ort gebieten könnten. Die Beweiswirkung des Nationalpasses werde nicht durch andere Urkunden infrage gestellt. Allein der Umstand, dass in dem Heimatland des Kindesvaters kein sicheres Urkundenwesen bestehe, also kein solches, dass die dortige Botschaft als hinreichende Grundlage für ein Legalisationsverfahren ansehe, reiche nicht aus, die Beweiswirkung des Nationalpasses in Frage zu stellen. Dieser Aspekt betreffe vorrangig Urkunden, die für den inländischen Gebrauch bestimmt seien. Ein Nationalpass sei demgegenüber stets auch eine staatliche Erklärung gegenüber der Staatengemeinschaft. Erfahrungsgemäß würden Staaten, deren innere Organe wenig verlässlich erschienen, beim Ausstellen von Pässen wesentlich restriktiver verfahren.

OLG Hamm, Beschluss vom 30.05.2017 - 15 W 317/16

Redaktion beck-aktuell, 20. Oktober 2017.