OLG Frankfurt am Main: Zusatzversorgung darf bei scheidungsbedingter Teilung des Rentenanrechts Ehegatten nicht in anderen Tarif verweisen

Die Regelung der Evangelischen Zusatzversorgungskasse (EZVK) zur Durchführung des Versorgungsausgleichs im Fall der Scheidung eines pflichtversicherten Mitglieds ist nichtig. Der dort vorgesehene Wechsel des ausgleichsberechtigten Ehegatten in den Tarif für freiwillig Versicherte verstößt gegen das Gebot der gleichwertigen Teilhabe. Dies entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit nicht rechtskräftigem Beschluss vom 02.07.2019 (Az.: 6 UF 238/17).

Im Versorgungsausgleich nur EZVK-Zusatzversorgung des Ehemanns berücksichtigt

Im Rahmen eines Scheidungsverbundverfahrens war über den Ausgleich von Anrechten aus Zusatzversorgungskassen zu entscheiden. Der Ehemann hatte Ansprüche bei der EZVK erworben, die Ehefrau Ansprüche in der Zusatzversorgungskasse des öffentlichen Dienstes. Das Familiengericht hatte im Rahmen des durchzuführenden Versorgungsausgleichs die Gleichartigkeit der beiderseitigen Anrechte aus diesen Zusatzversorgungen verneint und nur das Anrecht des Ehemanns bei der EZVK entsprechend deren Vorschlag durch interne Teilung beim Versorgungsausgleich berücksichtigt. Hiergegen richtete sich die Beschwerde.

OLG: Zusatzversorgung des öffentlichen und des kirchlichen Dienstes gleichartig

Das Oberlandesgericht hat der Beschwerde stattgegeben. Anrechte in den Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen und des kirchlichen Dienstes seien gleichartig. Das gelte auch für Anrechte bei der EZVK, weil deren Satzungsregelung nichtig sei, soweit sie anders als die Satzungen anderer Träger der Zusatzversorgung für den ausgleichsberechtigten Ehegatten einen Wechsel in den Tarif für freiwillig Versicherte vorsehe. Diesen Tarif biete die EZVK pflichtversicherten Mitgliedern als Zusatzversicherung an.

Satzung der EZVK gewährleistet keine gleichwertige Teilhabe an Anrechten

Die Satzung der EZVK gewährleiste insoweit keine gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten (§ 11 Abs. 1 S. 1 VersAusglG). Im entschiedenen Fall würde die ausgleichsberechtigte Ehefrau aus der freiwilligen Versicherung bis zur Vollendung des 80. Lebensjahres geringere Leistungen erhalten, als ihr bei Teilung in der Pflichtversicherung zustünde. In der Chance auf spätere (nach Vollendung des 80. Lebensjahres) höhere Leistungen liege angesichts ihres Vorversterbensrisikos kein angemessener Ausgleich.

Freiwillig Versicherte tragen höheres Kapitalmarktrisiko

Zudem seien die garantierten Leistungen in der Pflichtversicherung höher, während Versicherte im Tarif der freiwilligen Versicherung nur auf Überschussbeteiligungen hoffen könnten, womit sie ein höheres Kapitalmarktrisiko tragen würden. Für das zu Gunsten der Ehefrau übertragene Anrecht seien deshalb die Regelungen über das Anrecht des Ehemanns entsprechend anzuwenden.

Entscheidung für Vielzahl von Verfahren von Bedeutung

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen. Die Frage, ob der in der Satzung der EZVK vorgesehene Tarifwechsel bei interner Teilung eines Anrechts auf Pflichtversicherung dem Gebot der gleichwertigen Teilhabe entspreche, sei bislang nicht entschieden und stelle sich in einer Vielzahl von Verfahren.

OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 02.07.2019 - 6 UF 238/17

Redaktion beck-aktuell, 23. Juli 2019.