OLG Frankfurt am Main: Drei Angeklagte wegen nicht gerechtfertigter Verfahrensverzögerung aus Untersuchungshaft zu entlassen

Eine nicht gerechtfertigte und ausschließlich der Justiz zuzurechnende erhebliche Verfahrensverzögerung führt zur Entlassung von drei in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden. Denn es fehle an einem wichtigen Grund für die nur ausnahmsweise gerechtfertigte Anordnung der weiteren Haftfortdauer über sechs Monate hinaus, heißt es in dem unanfechtbaren Beschluss vom 10.07.2019 (Az.: 1 HEs 215-217/19).

Vorwurf: Erpressung und Körperverletzung

Das OLG hat im Rahmen eines Haftprüfungsverfahrens den Haftbefehl gegen die drei Angeklagten aufgehoben, da das Verfahren beim Landgericht Darmstadt nicht dem Beschleunigungsgebot entsprechend gefördert wurde. Den Angeklagten und zwei weiteren Angeklagten, bei denen der Haftbefehl schon vorher außer Vollzug gesetzt worden war, wird besonders schwere räuberische Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vorgeworfen.

Über sechs Monate hinausgehende Untersuchungshaft nur bei wichtigem Grund

Nach § 121 Abs. 1 StPO darf Untersuchungshaft über sechs Monate ohne Urteilserlass nur aufrechterhalten werden, wenn "die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen". Der Haftbefehl "ist" nach Ablauf von sechs Monaten gemäß § 121 Abs. 2 StPO aufzuheben, wenn keine wichtigen Gründe vorliegen.

Keine Fortdauer bei vermeidbaren erheblichen Verfahrensverzögerungen

Das OLG betont, für das Vorliegen eines wichtigen Grundes sei maßgeblich, dass "alle zumutbaren Maßnahmen getroffen (wurden), um die Ermittlungen so schnell wie möglich abzuschließen und ein Urteil herbeizuführen". Lägen vermeidbare erhebliche Verfahrensverzögerungen vor, könne das die Fortdauer der Untersuchungshaft nicht mehr rechtfertigen.

Mutterschutz einer Beisitzerin führte zu Verzögerung

Hier fehle ein wichtiger Grund für die Anordnung der Haftfortdauer über sechs Monate hinaus, da das Verfahren nicht mit der erforderlichen Beschleunigung betrieben worden sei, so das OLG. Die zuständige Jugendkammer habe den fristgemäß anberaumten Hauptverhandlungstermin Mitte Mai 2019 nicht durchführen können, da das Präsidium des Landgerichts der Kammer nicht rechtzeitig Ersatz für die zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung im Mutterschutz befindliche Beisitzerin zugewiesen habe. Die Kammer sei deshalb zum Zeitpunkt des geplanten Termins nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen. Ein im Einvernehmen mit den Verteidigern abgestimmter neuer Termin zur Hauptverhandlung könne erst Mitte August 2019 stattfinden. Damit liege eine nicht gerechtfertigte Verfahrensverzögerung von drei Monaten vor.

OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 10.07.2019 - 1 HEs 215-217/19

Redaktion beck-aktuell, 10. Juli 2019.