OLG Frankfurt a. M.: Wirksame Entschädigungsgrenze in der Hausratversicherung für Wertsachen

VHB 97 § 19; BGB §§ 305c I, 307 I 1 und 2, II Nr. 2

Die Vereinbarung einer Höchstgrenze für die Entschädigung von Wertsachen in einer Hausratversicherung ist weder überraschend noch benachteiligt sie den Versicherungsnehmer unangemessen und ist daher wirksam. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden. Außerdem seien aus Gold hergestellte Uhren unabhängig von ihrem Gebrauchszweck als Wertsachen im Sinne dieser Klausel einzustufen.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 26.07.2017 - 7 U 119/16 (LG Frankfurt a. M.), BeckRS 2017, 121732

Anmerkung von
Rechtsanwalt Holger Grams, Fachanwalt für Versicherungsrecht, München

Aus beck-fachdienst Versicherungsrecht 18/2017 vom 07.09.2017

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Sachverhalt

Der Kläger fordert von der Beklagten weitere Leistungen aus einer Hausratversicherung. Ihm wurden in seinem Haus von zwei Tätern unter Androhung von Gewalt unter anderem eine Rolex Herrenuhr aus Stahl mit Goldverzierungen, eine Rolex Herrenuhr aus massivem 18 Karat Weißgold und Platin sowie eine mit Brillanten besetzte Damenarmbanduhr aus Gelbgold entwendet. Die Uhren befanden sich nicht in einem Tresor.

Die dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden VHB 97 enthalten eine Höchstgrenze für die Entschädigung von Wertsachen je Versicherungsfall. Wertsachen sind gemäß § 19 VHB 97 insbesondere "Schmucksachen" sowie "alle Sachen aus Gold oder Platin". Sofern sich diese Gegenstände zum Zeitpunkt der Entwendung außerhalb näher bestimmter Stahlschränke befinden, beschränkt sich die Entschädigungssumme auf insgesamt 20.000 Euro je Versicherungsfall. Die Beklagte zahlte auf die Uhr aus Stahl einen Betrag von 9.800 EUR. Für die beiden anderen Uhren zusammen zahlte sie 20.000 EUR.

Der Kläger aber fordert den vollständigen Ausgleich des Wiederbeschaffungswertes von rund 80.000 EUR. Er macht geltend, bei den goldenen Uhren handle es sich nicht um Wertsachen, sondern um Gebrauchsgegenstände, mithin um Hausrat. Hauptzweck der Uhren sei nicht das Schmücken des Trägers, sondern das Zeitmessen. Die Wertgrenze sei außerdem unwirksam, weil sie intransparent und überraschend sei und ihn als Versicherungsnehmer unangemessen benachteilige. Das Landgericht wies die Klage ab. Auch die Berufung des Klägers blieb erfolglos.

Rechtliche Wertung

Die Klausel für Wertgrenzen von Wertsachen sei wirksam, entschied das OLG. Die Klausel sei nicht überraschend im Sinn von § 305c Abs. 1 BGB. Sie entspreche sowohl den neuen Musterbedingungen der Hauratversicherungen als auch der weit verbreiteten Praxis. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer müsse mit einer Entschädigungsgrenze für Schmuck- beziehungsweise Wertsachen, die ohne Sicherungen verwahrt werden, rechnen. Jeder Versicherungsnehmer wisse, dass derartige Gegenstände durch einen Einbruchdiebstahl in besonderer Weise gefährdet seien. Dessen sei sich insbesondere auch der Kläger bewusst gewesen, der in seinem Haus mehrere Wandtresore habe anbringen lassen.

Die Klausel stelle auch keine unangemessene Benachteiligung der Versicherungsnehmer im Sinn von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB, sondern einen angemessenen Interessenausgleich dar. Es sei legitim, dass der Versicherer seine Prämienkalkulation von hohen Einzelrisiken freihalten wolle, die der Versicherungsnehmer durch eine zusätzliche Wertsachenversicherung gesondert absichern könne. Der Vertragszweck einer Hausratversicherung werde durch die Wertgrenze für Wertsachen daher nicht gefährdet.

Die Klausel sei auch nicht intransparent im Sinn von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, auch wenn ihr keine Definition einer «Sache aus Gold oder Platin» zu entnehmen sei. Für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei erkennbar, dass hierunter Sachen zu verstehen seien, bei denen wesentliche Teile des Gegenstandes zumindest überwiegend aus Gold bestünden. Dafür spreche sowohl der Sprachgebrauch als auch der erkennbare Zweck der Versicherungsbestimmungen. Unstreitig seien beide Uhren aus massivem Gold hergestellt, so dass sie unzweifelhaft dem Tatbestandsmerkmal einer «Sache aus Gold» runterfielen.

Ob es sich bei den Uhren zugleich um «Schmucksachen» handele, sei damit nicht zu entscheiden. Der Einordnung als «Sache aus Gold» stehe auch nicht entgegen, dass Armbanduhren bestimmungsgemäß als Zeitmesser und damit als Gebrauchsgegenstände verwendet würden.

Praxishinweis

Wie hier das OLG hatte vor längerer Zeit der BGH (Urteil vom 16.03.1983 - IVa ZR 111/81, BeckRS 1983, 30388661) eine vergleichbare Klausel (§ 2 Nr. 8 VHB 74) unbeanstandet gelassen und ebenfalls entschieden, dass die Verwendung einer goldenen Uhr als Gebrauchsgegenstand nicht ihrer Qualifizierung als Wertsache im Sinn der Versicherungsbedingungen entgegensteht. Das OLG merkte noch an, dass nicht ersichtlich sei, warum diese BGH-Entscheidung aus den 80iger Jahren heute keine Geltung mehr haben solle.

Redaktion beck-aktuell, 28. September 2017.