OLG Dresden: Mehrjährige Haftstrafen für Miglieder der Vereinigung "Revolution Chemnitz"

Im Prozess um die rechtsextreme Terror-Vereinigung "Revolution Chemnitz" hat das Oberlandesgericht Dresden die acht Angeklagten zu Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und drei Monaten und fünfeinhalb Jahren verurteilt. Damit wurde am 24.03.2020 die unterschiedliche Tatbeteiligung der zwischen 22 und 32 Jahre alten Männer geahndet. Das OLG sah bei allen die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung als erwiesen an und nur beim Rädelsführer auch die Gründung der Vereinigung. Fünf Beschuldigte wurden zudem wegen schweren Landfriedensbruchs verurteilt, einer auch wegen Körperverletzung.

Totschlag auf Stadtfest Auslöser für Gruppenbildung

Die Generalbundesanwälte hatten Haftstrafen zwischen drei und fünfeinhalb Jahren beantragt. Sie attestierten den Beschuldigten eine "offen nationalsozialistische Gesinnung". Die Verteidiger forderten Freisprüche oder mildere Strafen und hielten den Terror-Vorwurf für völlig überzogen. Die Gruppe hatte sich im September 2018 gegründet, während es in Chemnitz zu ausländerfeindlichen Demonstrationen und Ausschreitungen gekommen war. Hintergrund war der gewaltsame Tod eines 35 Jahre alten Deutschen bei einer Auseinandersetzung mit Flüchtlingen am Rande des Chemnitzer Stadtfestes Ende August 2018. Für die Tat wurde ein junger Mann aus Syrien 2019 wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt.

"Revolution Chemnitz" in Chat formiert

Laut Anklage hatte sich die "Revolution Chemnitz" am 10.09.2018 in einem Chat formiert. Der mutmaßliche Rädelsführer, der jetzt die höchste Haftstrafe erhielt, stellte eine Art Pamphlet in den Chat. Die sieben Mitangeklagten sollten nach dem Lesen entscheiden, ob sie mitmachen wollten oder nicht. Widerspruch gab es nicht, auch wenn Verteidiger im Prozess geltend machen wollten, ihre Mandanten hätten den Text nicht ernst genommen oder nicht richtig verstanden.

Anklage von Planung eines Umsturzversuches überzeugt

Das Schriftstück ließ es aber an Deutlichkeit nicht vermissen. Es sei an der Zeit, nicht nur Worte sprechen zu lassen, sondern Taten. "Linke, Parasiten, Merkel-Zombies, die Mediendiktatur und deren Sklaven" sollten ins Visier genommen werden – auch mit Waffengewalt. Der NSU sollte dagegen wie eine "Kindergarten-Vorschulgruppe" wirken. Für den 03.10.2018 (Tag der Deutschen Einheit) war eine Aktion in Berlin geplant. Die Anklage war überzeugt, dass es zu einem Umsturzversuch kommen sollte.

Bereits nach Probeaktion klickten Handschellen

Bereits am 14.09.2018 erfolgte ein sogenannter Probelauf auf der Chemnitzer Schlossteichinsel, der als schwerer Landesfriedensbruch angeklagt war. Bei der Aktion wurden Flüchtlinge und eine Gruppe von Jugendlichen attackiert, einer bekam Schläge. Noch bevor die "Revolution Chemnitz" weitere Straftaten begehen konnte, klickten am Abend die Handschellen.

Prozess unter strengen Sicherheitsvorkehrungen

Der Prozess fand unter Sicherheitsvorkehrungen in einem speziellen Saal des OLG statt. Hier war vor zwei Jahren bereits das Urteil gegen die rechtsextreme Terrororganisation "Gruppe Freital" ergangen. Im jetzigen Prozess wurde wiederholt ein Vergleich zwischen beiden Gruppierungen gezogen. Anders als im Fall "Freital" war die "Revolution Chemnitz" schon wenige Tage nach ihrer Gründung am Ende.

Bundesjustizministerin verweist auf jüngste Erfolge der Bundesanwaltschaft

Im Anschluss an den Prozess erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD): "Der Prozess hat erneut deutlich die Gefahr vor Augen geführt, die von rechtsextremistischen Terrorgruppen ausgeht". Die Ministerin verwies auf die jüngsten Erfolge der Bundesanwaltschaft. Diese habe eine Reihe wichtiger Strafverfahren gegen rechtsterroristische Vereinigungen geführt, von der "Gruppe Freital" über die "Oldschool Society" bis zu "Revolution Chemnitz". Jüngst gelang der Schlag gegen die "Gruppe S.", die über eine Vielzahl von Waffen verfügte und Anschläge plante.

Lambrecht: Von Menschenhass und Demokratieverachtung getrieben

Diese Terrorgruppen sind laut Lambrecht getrieben von Menschenhass und der Verachtung der Demokratie. Höchste Wachsamkeit sowie frühestmögliches Eingreifen bleiben entscheidend. "Die Bundesanwaltschaft und die Sicherheitsbehörden arbeiten weiter Hand in Hand, um rechtsterroristische Strukturen offenzulegen, die Täter zur Verantwortung zu ziehen und den Verfolgungsdruck konsequent hoch zu halten", erklärte Lambrecht.

Redaktion beck-aktuell, 25. März 2020 (dpa).