Anmerkung von
Rechtsanwalt Ottheinz Kääb, LL.M., Fachanwalt für Verkehrsrecht und für Versicherungsrecht,
Rechtsanwälte Kääb Bürner Kiener & Kollegen, München
Aus beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht 2/2019 vom 30.01.2019
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Sachverhalt
Der Antragsteller und Beschwerdeführer war Beifahrer in einem Fahrzeug seines Arbeitgebers, das von einem Arbeitskollegen gesteuert wurde. Man befand sich auf der Fahrt zu einem Firmenkunden. Der Antragsteller beabsichtigt, den Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer des Arbeitgebers aufgrund der beim Unfall erlittenen Verletzungen direkt in Anspruch zu nehmen und begehrt Schmerzensgeld sowie die Feststellung weiterer Ersatzpflicht. Er behauptet, der Arbeitskollege habe den Unfall durch grob fahrlässige Unachtsamkeit dadurch verschuldet, dass er mit dem Pkw auf einen stehenden Lkw aufgefahren sei. Außergerichtliche Bemühungen scheiterten, weswegen der Antragsteller vor Gericht zog und zunächst Prozesskostenhilfe für eine Klage beantragte. Gegen die Verweigerung der Prozesskostenhilfe legte er sofortige Beschwerde ein. Diese hat das OLG Celle zurückgewiesen.
Rechtliche Wertung
Der Verkehrsunfall sei bereits nach den Schilderungen in der Klageschrift ein unvorsätzlich verursachter Betriebswegeunfall und damit kein Wegeunfall, führt das OLG aus. Daher greife der Haftungsausschluss der §§ 104, 105 SGB VII. Der Unfall habe sich im Rahmen betrieblicher Tätigkeit ereignet. Entscheidend sei, ob es sich um eine betriebsbezogene Tätigkeit handle, die dem (unmittelbaren) Schädiger von dem Betrieb oder für den Betrieb übertragen war und die von ihm im Betriebsinteresse ausgeführt wurde. Der Begriff der betrieblichen Tätigkeit sei weit auszulegen. Daher sei hier von einer solch betriebsbezogenen Tätigkeit auszugehen.
Um einen Wegeunfall habe es sich nicht gehandelt, so das OLG. Es komme darauf an, inwieweit der Unfall mit dem Betrieb und der Tätigkeit des Versicherten zusammenhing. Von einem Unfall auf einem Betriebsweg sei hier dann auszugehen, wenn die gemeinsame Fahrt der Arbeitskollegen selbst als Teil des innerbetrieblichen Organisations- und Funktionsbereichs erscheine. Hiervon abzugrenzen sei der «Wegeunfall», der sich beim Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges von und zu dem Ort der Tätigkeit ereignet. Der Weg zum Arbeitsplatz sei somit kein Betriebsweg, wenn er nicht vom Arbeitgeber organisiert wird.
Das Vorliegen einer «Betriebsfahrt» ist laut OLG nach der Rechtsprechung an keine übersteigerten Voraussetzungen gebunden. So werde das Zurverfügungstellen eines betriebseigenen Pkw als Teil der betrieblichen Organisation angesehen. Die in Aussicht genommene Klage habe daher keine Aussicht auf Erfolg, weswegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht versagt worden sei.
Praxishinweis
Die Entscheidung wird hier vorgelegt, weil über die Haftungsprivilegien der §§ 104, 105 SGB VII häufig Streit entsteht und die Unterscheidung zwischen einem Wegeunfall und einem Betriebswegeunfall häufig nicht unerhebliche Schwierigkeiten bereitet. Das OLG verdeutlicht in seiner Entscheidung sehr genau, wo die Unterschiede liegen.