OLG Braunschweig: Bei Schädlingsbefall im Gebälk Rücktritt vom Hauskauf trotz Gewährleistungsausschlusses

Auch wenn Käufer und Verkäufer eines Hauses die Gewährleistung ausgeschlossen haben, kann erheblicher Schädlingsbefall in den Balken des Gebäudes einen Mangel darstellen, der zum Rücktritt berechtigt. Dies hat das Oberlandesgericht Braunschweig Anfang November 2018 entschieden (Az.: 9 U 51/17).

Aufklärung über massiven Schädlingsbefall unzulässigerweise unterlassen

Der Kläger hatte ein Fachwerkhaus gekauft, das einen massiven Insekten- und Pilzbefall aufwies. Er begehrte vom Verkäufer – trotz des zwischen den Parteien vereinbarten Gewährleistungsausschlusses – Rückerstattung des Kaufpreises bei Rückübertragung des Grundstücks. Über den Schädlingsbefall hatte der Verkäufer den Käufer vor dem Vertragsschluss nicht aufgeklärt. Dies hätte er aber ohne Nachfrage des Käufers tun müssen, so das OLG. Ein massiver Schädlingsbefall sei ein Umstand, der für den Entschluss eines Käufers, das Haus zu erwerben, von Bedeutung sei.

Gewährleistungsausschluss greift wegen Arglist des Verkäufers nicht

Auch der zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss lasse den Anspruch des Käufers auf Rückzahlung des Kaufpreises nicht entfallen, so das OLG weiter. Auf einen Gewährleistungsausschluss könne sich ein Verkäufer nicht berufen, wenn er einen Mangel arglistig verschwiegen habe. Das setze voraus, dass der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält. Dies sei hier der Fall gewesen. Der Verkäufer habe seinerzeit umfangreiche Arbeiten an der Fassade des Gebäudes vorgenommen und die Fachwerkbalken nach Verfüllung der Risse gestrichen. Anlass für diese Arbeiten sei der Befall mit Holzwürmern gewesen. Das OLG hat hieraus geschlossen, dass der Verkäufer vom Schädlingsbefall wusste. Es sei aber allgemein bekannt, dass ein Schädlingsbefall nur durch das Ergreifen geeigneter Maßnahmen beseitigt werden könne. Solche Maßnahmen habe der Verkäufer nicht durchgeführt.

Lange Dauer des Schädlingsbefalls für Käufer nicht erkennbar

Der Anspruch des Hauskäufers sei auch nicht dadurch entfallen, dass der Käufer den Schädlingsbefall aufgrund der Bohrlöcher im Gebälk selbst hätte wahrnehmen können, führt das OLG weiter aus. Zwar beschränke sich die Offenbarungspflicht auf verborgene Mängel, weil ein verständiger Verkäufer davon ausgehen könne, dass dem Käufer ein ohne weiteres erkennbarer Mangel ins Auge springe und er nicht darüber aufklären müsse. Hieraus habe der Käufer aber nur auf einen aktuellen Befall schließen können. Nicht erkennen konnte er nach den Ausführungen des OLG dagegen, dass der Schädlingsbefall bereits seit über 15 Jahren andauere. Ein Verdacht des Käufers, dass die Balken bereits seit vielen Jahren von Schädlingen befallen waren, entbinde den Verkäufer nicht davon, dem Käufer sein konkretes Wissen über das tatsächliche Bestehen des Mangels mitzuteilen.

OLG Braunschweig - 9 U 51/17

Redaktion beck-aktuell, 19. November 2018.