Nach Rajoys Ultimatum: Wie geht es weiter in Katalonien?

Nachdem der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont am 10.10.2017 angekündigt hatte, die Unabhängigkeit von Spanien auszurufen, den Abspaltungsprozess aber sogleich "für einige Wochen" auf Eis legte, hat Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy ein Ultimatum gestellt und mit der Entmachtung der katalanischen Regierung gedroht. Wie geht es jetzt weiter in Katalonien?

Konfrontation mit linksradikaler CUP könnte zu Neuwahlen in Katalonien führen

Mit dem von ihm gewählten Mittelweg hat Puigdemont eine neue Konfliktlinie eröffnet, diesmal im eigenen Lager: Die linksradikale CUP, von deren zehn Stimmen im Parlament der "President" abhängig ist, hatte verlangt, dass er nicht nachgeben und die Unabhängigkeit einseitig ausrufen sollte. Als Puigdemont seine Rede beendete, versagten ihm die CUP-Abgeordneten den Applaus. Sollten sie ihm die Unterstützung entziehen, könnte es zu vorgezogenen Wahlen in Katalonien kommen. Das jetzige Parlament war im September 2015 gewählt worden.

Rajoy droht mit Entmachtung der katalanischen Regierung

Ministerpräsident Mariano Rajoy hat die katalanische Regionalregierung ultimativ aufgefordert, bis zum 19.10.2017 zur Legalität zurückzukehren. Sollte das Ultimatum nicht erfüllt werden, folgt die Anwendung des Artikels 155 der Verfassung, der besagt, das die Zentralregierung die Führung einer der 17 autonomen Regionen des Landes entmachten kann, wenn diese die Verfassung missachtet. Welche Maßnahmen konkret ergriffen werden könnten, ist nicht klar, jedoch würde Madrid die Kontrolle über die Behörden in Katalonien übernehmen. Auch eine Festnahme der Spitzen der Regionalregierung ist möglich. 

Keine Dialogbereitschaft Madrids 

Der Artikel ist bislang noch nie angewendet worden. Die Regierung hatte bereits zuvor darauf hingewiesen, dass sie keine Vermittlung "zwischen dem Gesetz und dem Ungehorsam" akzeptieren werde und schlug damit die Tür zu einem Dialog, den Puigdemont erneut vorschlug, eigentlich schon von vornherein zu. 

Erfolgsaussichten für neuen katalanischen Staat gering

Die Erfolgsaussichten für einen neuen katalanischen Staat sind gering. Eine "unabhängige katalanische Republik" müsste international anerkannt werden, und der spanische Staat müsste sich mit all seinen Vertretern (Richtern, Polizei, Militär, Beamten) aus der Region zurückziehen. Kaum jemand glaubt, dass diese zwei Voraussetzungen erfüllt werden könnten. Selbst ohne diese beiden entscheidenden Hindernisse kann ein neues Land nicht über Nacht entstehen. Die neue Republik müsste eine eigene Währung schaffen und Millionen von Pässen drucken. Katalonien hat außer der Autonomen Polizei auch keine eigenen Sicherheitskräfte. Und die schon einsetzende Abwanderung von Firmen zeigt, vor welchen wirtschaftlichen Problemen ein neuer Staat stünde.

EU verteidigt Einheit Spaniens

Die Europäische Union hat immer Abstand gewahrt zu dem, was sie als eine "interne Angelegenheit Spaniens" betrachtet. Aber genau wie Frankreich oder Deutschland verteidigt sie die Einheit Spaniens. Ein Sprecher der EU beharrte zuletzt darauf, dass das Unabhängigkeitsreferendum vom 01.10.2017 "nicht legal war" und erinnerte daran, dass der Konflikt innerhalb des verfassungsmäßigen Rahmens Spaniens gelöst werden müsse.

Unabhängiges Katalonien würde nicht der EU angehören

Stunden bevor Puigdemont sprach, hatte EU-Ratspräsident Donald Tusk den Katalanen gebeten, keine Entscheidung zu verkünden, die einen Dialog unmöglich mache. Brüssel hat außerdem klar gemacht, dass ein unabhängiges Katalonien sich außerhalb der Union wiederfände. Um in die EU hineinzukommen, müssten die Katalanen den langen Weg aller Beitrittskandidaten beschreiten und wären am Ende auf die Zustimmung aller Mitgliedsländer - Spanien inklusive - angewiesen.

Redaktion beck-aktuell, Pablo Sanguinetti und Carola Frentzen, 12. Oktober 2017 (dpa).