Mehr Rechte für Bahn-Kunden – außer bei Verspätungen

Ein Recht auf Fahrradmitnahme, mehr Unterstützung für Menschen mit Behinderungen und einheitliche Fahrkarten – das alles sieht die Neufassung der Fahrgastrechte-Verordnung von 2009 vor, die der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments am 29.10.2020 bestätigt hat. Allerdings gibt es auch einen Wermutstropfen: Bahnunternehmen sollen nicht mehr für Verspätungen haften, die direkt auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen sind.

Recht auf Fahrradmitnahme in Fern- und Regionalzügen

Reisende haben künftig ein Recht darauf, ihr Fahrrad in Fern- und Regionalzügen mitzunehmen. Daher sollen die Bahnunternehmen ihre Züge nach und nach mit einer der voraussichtlichen Nachfrage angemessenen Zahl von Fahrradplätzen ausstatten. Auch müssen die Unternehmen künftig online über die Kapazitäten für Fahrräder informieren und zumindest für reservierungspflichtige Züge auch die Reservierung von Fahrradplätzen ermöglichen.

Unterstützung von Menschen mit Behinderung auch in Regionalzügen

Menschen mit Behinderungen benötigen häufig Hilfe beim Ein-, Aus- und Umsteigen. Das Recht auf entsprechende Unterstützung gilt in Zukunft EU-weit nicht nur für Fernzüge, sondern auch für Regionalzüge. Nach der künftigen Verordnung müssen Menschen mit Behinderungen nicht mehr bis zu 48 Stunden vor Abfahrt Unterstützungsbedarf anmelden, sondern maximal nur noch 24 Stunden vor der Fahrt.

Einheitliche Fahrkarte bei längeren Verbindungen

Neu eingeführt wird eine Verpflichtung von Bahnunternehmen, für alle Teilstrecken einer längeren Verbindung mit Fern- und Regionalzügen eine einheitliche Fahrkarte auszustellen, wenn die Teilstrecken von ihnen selbst oder von einem hundertprozentigen Tochterunternehmen betrieben werden. Dies soll die Rechte der Reisenden verbessern, wenn sie unterwegs einen Anschlusszug verpassen. Beispielsweise richte sich ihr Anspruch auf Entschädigung dann danach, mit wieviel Verspätung sie am Zielort ihrer Reise ankommen, erläutert das EU-Parlament. Die neue Verordnung sieht zudem vor, dass Infrastruktur- und Zugbetreiber unter anderem den Tickethändlern Informationen zu Zügen in Echtzeit zur Verfügung stellen. Dies soll neue kundenfreundliche Angebote "aus einer Hand" fördern, die Züge mehrerer Bahnen oder verschiedene Verkehrsmittel kombinieren.

Haftung der Bahnunternehmen bei Verspätungen wird eingeschränkt

Bahnunternehmen müssen künftig bei Verspätungen keine Entschädigung mehr zahlen, wenn die Verspätung direkt durch außergewöhnliche Umstände wie extreme Stürme verursacht wurde, die das Unternehmen nicht vermeiden konnte. Diese Ausnahme soll jedoch nicht gelten, wenn das Unternehmen die Verspätung – etwa durch sachgemäße Wartung – hätte verhindern können. Wie das Parlament ausführt, soll die Regelung für faire Wettbewerbsbedingungen in Bezug auf andere Verkehrsmittel sorgen, deren Betreiber sich schon jetzt auf außergewöhnliche Umstände berufen könnten.

Inkrafttreten für 2023 geplant

Die neuen Regelungen müssen noch formell vom Rat und dem Plenum des Parlaments bestätigt werden. Sie sollen dann ab 2023 gelten.

Redaktion beck-aktuell, 29. Oktober 2020.