LSG Rheinland-Pfalz: Bei stationärer Eingliederungshilfe keine "zusätzlichen Einzelfallhilfen" für behinderte Menschen

Behinderte Menschen, die stationäre Eingliederungshilfe erhalten, haben darüber hinaus keinen Anspruch auf "zusätzliche Einzelfallhilfen". Dies hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in sieben Fällen entschieden, wie es am 18.10.2019 mitteilte. Der Bedarf werde durch die Eingliederungshilfe vollständig gedeckt. Für "zusätzliche Einzelfallhilfen" gebe es keine gesetzliche Grundlage (Az.: L 4 SO 99/19 B ER, L 4 SO 101/19 B ER, L 4 SO 111/19 B ER, L 4 SO 112/19 B ER, L 4 SO 115/19 B ER, L 4 SO 116/19 B ER und L 4 SO 121/19 B ER).

Antragsteller machten zusätzlichen Hilfebedarf geltend

Die Antragsteller begehrten jeweils im Weg der einstweiligen Anordnung, den zuständigen Sozialhilfeträger zu verpflichten, ihnen über die gewährte Eingliederungshilfe in stationären Einrichtungen hinaus "zusätzliche Einzelfallhilfen" durch die Einrichtung zu bewilligen. Der jeweils zuständige Sozialleistungsträger hatte zuvor die Anträge unter Verweis auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 06.12.2018 (BeckRS 2018, 41558, BeckRS 2018, 43933) abgelehnt. Die Antragsteller machten geltend, aufgrund ihres Alters und ihrer Behinderung sei ein zusätzlicher Hilfebedarf entstanden, der nur durch eine individuelle, zusätzliche Unterstützung gedeckt werden könne. Das Sozialgericht Koblenz sah eine den Anspruch auf die begehrte Leistung stützende Anspruchsgrundlage nicht gegeben und lehnte daher die Anträge ab.

LSG: Kein Anspruch auf "zusätzliche Einzelfallhilfen"

Das LSG hat die Entscheidungen bestätigt. Ein über die dem jeweiligen Antragsteller gewährte Eingliederungshilfe (Übernahme der Kosten der stationären Unterbringung in der Einrichtung) hinausgehender Anspruch auf "zusätzliche Einzelfallhilfen" bestehe nicht, weil der Bedarf hierdurch bereits vollständig gedeckt sei. Der Antragsteller habe gegen den Sozialhilfeträger keinen Anspruch auf Geldleistung, sondern einen sogenannten Sachleistungsverschaffungsanspruch. Im Rahmen dieses Anspruchs übernehme der Sozialleistungsträger die Vergütung, die der Antragsteller der Einrichtung aufgrund des zwischen ihm und dem Einrichtungsträger geschlossenen (zivilrechtlichen) Heimvertrages schulde. Das sei hier ein pauschaler Vergütungssatz, der auf einer Vereinbarung mit dem Land Rheinland-Pfalz beruhe.

Keine gesetzliche Grundlage

Soweit in der Vergangenheit im Einzelfall darüber hinaus "zusätzliche Einzelfallhilfen" bewilligt worden seien, fehle hierfür die gesetzliche Grundlage, weil Einrichtungsträger und Sozialhilfeträger nicht die gesetzlich vorgesehenen Leistungs-, Vergütungs- und Prüfvereinbarungen abgeschlossen hätten, erläutert das LSG.

Bedarf durch Eingliederungshilfe vollständig gedeckt

Nach dem Heimvertrag ermögliche die Einrichtung dem Antragsteller Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft entsprechend seines individuellen Teilhabebedarfs. Laut LSG muss die Einrichtung daher alle Leistungen erbringen, die der Antragsteller aktuell benötigt, mit der Folge, dass der Eingliederungshilfebedarf des Antragstellers vollumfänglich gedeckt ist. Im Gegenzug schulde der Antragsteller der Einrichtung den im Heimvertrag vereinbarten pauschalen Vergütungssatz. Zwar sehe der Heimvertrag die Möglichkeit einer Erhöhung des Entgelts vor. Eine solche sei jedoch gegenüber dem Antragsteller nicht schriftlich geltend gemacht. Gesetzlich sei ein die Vergütungsvereinbarung übersteigendes Entgelt auch ausgeschlossen.

LSG Rheinland-Pfalz - L 4 SO 99/19 B ER

Redaktion beck-aktuell, 18. Oktober 2019.