Rentenbescheide: Vereinfachung darf keine Nachvollziehbarkeit kosten
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Das Ziel der Vereinfachung von Rentenbescheiden darf nicht auf Kosten der Nachvollziehbarkeit der Rentenberechnung gehen. Den Bescheiden müssen die wesentlichen Elemente, die zur Prüfung der Richtigkeit der Berechnung der Rentenhöhe unerlässlich sind, weiterhin entnommen werden können. Dies hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschieden.

Streit um Kosten des Widerspruchsverfahrens

Der beklagte Rentenversicherungsträger gewährte der Klägerin Altersrente und fügte den Bescheiden die Anlagen "Berechnung der Rente", "Versicherungsverlauf" und "Berechnung der persönlichen Entgeltpunkte" bei. Im Widerspruch bat die Klägerin um nachvollziehbare Berechnungsunterlagen. Nach Übersendung der weiteren Anlagen erklärte sie ihren Widerspruch für erledigt und beantragte die Erstattung der im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten. Die Beklagte lehnte dies ab, da der Widerspruch nicht erfolgreich gewesen sei und die Bescheide bereits vor der Übersendung der weiteren Anlagen ausreichend begründet gewesen seien. Das SG Aachen gab der Klägerin Recht.

Vereinfachung darf nicht auf Kosten der Nachvollziehbarkeit gehen

Das LSG hat die Berufung der Beklagten nun zurückgewiesen. Diese habe etwa 2015 begonnen, das Design der Bescheide zu verändern, um persönlichere und verständlichere Formulierungen und eine ansprechendere Gestaltung zu erreichen. Hierbei habe sie insbesondere auf den Versand bestimmter Anlagen zugunsten von erläuternden Texten verzichtet. Die Reform finde allerdings ihre Grenze unter anderem in der Begründungspflicht (§ 35 Abs. 1 SGB X). Es sei nicht möglich, den Text eines Bescheides dadurch zu verschlanken, dass man komplexe, für den Laien kaum verständliche Regelungen auf Kosten der Nachvollziehbarkeit weglasse.

Berechnung der Rente muss für Versicherten verständlich sein

Konkret fehle eine ausreichende Begründung. Denn auch die Anlagen "Berechnung der Entgeltpunkte aus den Beitragszeiten", "Berechnung der Entgeltpunkte aus beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten" und "Versorgungsausgleich" seien wesentliche Begründungselemente, ohne die die "Berechnung der Rente", die lediglich die Summe der Entgeltpunkte mitteile, für Versicherte nicht verständlich sei. Insbesondere könnten die Versicherten nicht nachvollziehen, aufgrund welcher Berechnungsgrundlagen sich die mitgeteilte Rentenhöhe ergebe und ob die von ihnen in den sich aus dem Versicherungsverlauf ergebenden Zeiträumen erzielten Einkünfte zutreffend der Ermittlung der Entgeltpunkte zugrunde gelegt worden seien. Das LSG hat die Revision zugelassen.

LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.03.2021 - L 18 R 306/20

Redaktion beck-aktuell, 14. Juni 2021.